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Cardiovascular Medicine is published by MDPI from Volume 28 Issue 1 (2025). Previous articles were published by another publisher in Open Access under a CC-BY (or CC-BY-NC-ND) licence, and they are hosted by MDPI on mdpi.com as a courtesy and upon agreement with Editores Medicorum Helveticorum (EMH).
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Werbung mit Ungeschicktem «Wording»

by
Jean-Luc Lemercier
*,
Volkhard Göber
,
Christoph Huber
and
Thierry Carrel
Vice-President THV EMEA Edwards Lifesciences Route de l’etraz 10, 1260 Nyon, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Cardiovasc. Med. 2011, 14(11), 331; https://doi.org/10.4414/cvm.2011.01624
Submission received: 23 August 2011 / Revised: 23 September 2011 / Accepted: 23 October 2011 / Published: 23 November 2011
Wir nehmen Bezug auf die Werbung der Firma Edwards Lifesciences «20% Reduktion der allgemeinen Sterblichkeit bei Risikopatienten mit Aortenstenose» in der Zeitschrift «Cardiovascular Medicine. 2011;14(6):197» und können diese Es sind nicht die ermutigenden
Es sind nicht die ermutigenden Resultate der von Edwards Lifesciences gesponserten Partner-Aund -B-Stu-dien, welche im Mittelpunkt dieser Kritik stehen sollen, sondern deren werberischen A uftritt u nd der unwissenschaftliche Umgang mit R esultaten, was schliesslich einer Manipulation bei der Meinungsbildung von Medizinern entspricht.Diese Werbung suggeriert der Leserschaft eine Senkung der absoluten Mortalität um 20% durch den Einsatz der Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) im Vergleich zur sogenannten «Standardtherapie». In vorliegendem Kontext (und das können eben die nicht eingelesenen Kollegen nicht wissen) bedeutet Standardtherapie ja die medikamentöse Behandlung, was gleich zu setzen ist mit der schlechtesten therapeutischen Option [1]. Die medikamentöse Therapie ist keine Standardtherapie der valvulären Aortenstenose: sie stellt höchstens eine palliative Massnahme dar. Somit besteht mit diesem Werbespot die Gefahr des unsachgemässen Vergleiches und der Verwechslung mit einem chirurgischen Klappenersatz, der weiterhin die klassische und einzig evidenz-basierte Behandlung der valvulären Aortenstenose ist.
Die Partner-B-Studie, auf welche die Werbung sich bezieht, verglich die Resultate von TAVI mit denen einer medikamentösen Therapie (mit allenfalls Begleit-Ballonvalvuloplastie) bei sogenannten inoperablen Patienten [2]. Es muss an dieser Stelle nochmals erwähnt werden, dass es sich nicht um einen Vergleich mit Resultaten nach einem chirurgischen Klappenersatz handelt, wie die Werbung allenfalls unter dem Begriff «Standardtherapie» glauben lässt. Die Standardtherapie der symptomatischen valvulären Aortenstenose ist vorbehaltlos der chirurgische Ersatz der Klappe.
Cardiovascmed 14 00331 i001
Leider bezieht sich die in der Werbung propagierte «Standardtherapie» auf eine konservative medizinische Behandlung, welche mit einem Anteil von über 83% Aortenklappen-Ballonvalvuloplastien (BAV) in keiner Weise mit einer klassischen pharmakologischen Therapie vergleichbar ist. Es sei hinzugefügt, dass die isolierte BAV seit Jahren aus dem Arsenal der interventionellen Behandlungen mangels Effizienz und Evidenz entfernt wurde; selbst der Erfinder dieser Methode, Alain Cribier, propagiert sie heute nicht mehr. Warum soll denn eine solch ineffiziente Massnahme in einer modernen Studie zugelassen werden?
So schön sie in der Werbung auch graphisch zu Darstellung kommen, so unspektakulär sind die Resultate der Partner-B-Studie, die lediglich den alt bekannten Wissensstand zum Verlauf der schweren symptomatischen Aortenklappenstenose bestätigen. Umso absurder erscheint die Werbung in Anbetracht der Wortwahl. Eine Standardtherapie bezeichnet eine gängige und aktuell angewendete Verfahrensweise. Nun zeigt genau die Partner-B-Studie, dass eine konservative Therapie, sei sie noch so aggressiv, deutlich schlechtere Resultate liefert als die interventionelle Option; und von der Chirurgie, der etabliertesten Methoden, mit Erfahrungen seit über 40 Jahren: keine Spur.
Auch das erhöhte Risiko für Komplikationen wie Hirnschlag 10,6% (vs. 4,5%), schwere Gefässkomplikationen beim Zugang durch die Leistengefässe 16,8% (vs. 2,2%) mit konsekutiver schwerer Blutung 22,3% (vs. 11,2%) ist in der Partner-B-Studie eindrücklich beschrieben [2]. Leider wurde in dieser Studie der transapikale Zugang ausgeschlossen. Der transapikale Zugangsweg weist bessere Resultate auf, zumindest im Hinblick auf die Hirnschlagrate (von nur 2–5%) und er verursacht keine peripheren Gefässkomplikationen. Weitere klare Vorteile vom transapikalen TAVI sind der kürzere Zugangsweg, eine bessere Ausrichtung der zu implantierenden Klappe, die Verwendung von weniger Kontrastmittel und die Tatsache, dass mehr Klappengrössen zur Auswahl vorhanden sind. Zudem kann der Eingriff auch bei schwerer peripher arterieller Verschlusskrankheit problemlos durchgeführt werden und es besteht keine Gefahr einer zerebralen Embolisierung durch Manipulation im Bereich des Aortenbogens. Aus technischer Sicht muss die zu implantierende Klappe bei der Vorbereitung deutlich weniger gequetscht werden, was möglicherweise auf die noch ungewisse Funktionsdauer der Transkatheter-Bioprothese einen durchaus positiven Einfluss haben könnte.
In der Partner-A-Studie wurden Risikopatienten entweder in eine chirurgische Gruppe oder in die TAVI-Gruppe randomisiert [3]. Die Studie hatte zum Ziel, die «Nicht-Unterlegenheit» (noninferiority trial) von TAVI gegenüber dem chirurgischen Klappenersatz zu zeigen. Die Resultate sind aus der Abbildung 1 zu entnehmen. Diese Graphik wäre angemessener gewesen und wiederspiegelt den realen Vergleich von TAVI mit einer echten Standardtherapie, dem chirurgischen Aortenklappenersatz, in korrekterer Weise.
Zusammenfassend gilt es unserer Meinung nach, folgende Aspekte zu beachten:
TAVI ist eine gute Therapie Option bei älteren Hochrisikopatienten, welche für einen chirurgischen Klappenersatz ausgeschlossen werden.
TAVI ist eine angemessene Therapieoption bei Patienten über 80–85 Jahre, die biologisch älter wirken. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass 85-Jährige heutzutage bei fehlender relevanter Komorbidität nicht selten 90 bis 95 Jahre alt werden. Ob die Transkatheterklappen überhaupt eine ähnliche Lebensdauer aufweisen können, ist heute noch völlig unbekannt.
Die Resultate des chirurgischen Klappenersatzes stehen denen von TAVI bei älteren Patienten mit mittlerem bis erhöhtem Risiko in nichts nach. Sie beruhen jedoch auf mehr als 40 Jahren Erfahrung mit einer Lebensdauer von Bioprothesen zwischen 15 und 20 Jahren, und in der Regel mit fehlender paraprothetischer Insuffizienz. Auch die Lebensqualität von älteren Patienten (über 80 Jahre) nach Chirurgie ist ausgezeichnet [4].
Wir unterstützen selbstverständlich neuere Verfahren wie TAVI, unwissenschaftliche Werbung jedoch nicht. Medizinische Werbung soll den Leser objektiv, nüchtern und transparent über eine gute oder neue Therapieoption informieren und wissenschaftliche Daten nur im richtigen Kontext verwenden.

Replik

Wir danken für die Möglichkeit einer Stellungnahme zum obigen Leserbrief zu unserer Anzeige «20% Reduktion der allgemeinen Sterblichkeit bei Risikopatienten mit Aortenstenose».
Wir möchten uns auch bei den Herren Professor Carrel, Dr. Göber und Dr. Huber bedanken, für ihren Hinweis auf die missverständliche Verwendung eines Begriffes.
Die PARTNER-Studie, die weltweit erste prospektive, randomisierte und kontrollierte klinische Studie zu Transkatheter-Herzklappen, besteht aus zwei voneinander unabhängigen Patientenkohorten.
Kohorte A war eine Studie zur Nichtunterlegenheit, in der SAPIEN mit dem chirurgischen Aortenklappenersatz (sAVR) bei Patienten mit hohem Operationsrisiko verglichen wurde. Die Daten der Kohorte A zeigen in der Tat nur, dass SAPIEN bei Hochrisiko patienten einer chirurgischen Behandlung nicht unterlegen ist. Die Daten dieser Kohorte A präsentieren wir in einer anderen Anzeige.
Als ein im Bereich der Entwicklung von chirurgischen Herzklappen führendes Unternehmen stimmen wir zu, dass sAVR der Goldstandard sein sollte, an dem sich alle anderen Behandlungs methoden messen lassen müssen.
Kohorte B verglich SAPIEN mit einer medikamentösen Standardbehandlung für Hochrisikopatienten, die als inoperabel eingestuft wurden. Unsere Anzeige und die darin dargestellte Kurve beziehen sich ausschliesslich auf Kohorte B. Auch der Literaturhinweis auf den NEJM-Artikel bezieht sich ausschliesslich auf diese Kohorte. Auch wenn die Behauptung einer 20-prozentigen Reduktion der allgemeinen Sterblichkeit im Vergleich zur medikamentösen Behandlung streng genommen korrekt ist, so erkennen wir jedoch an, dass die Verwendung des Begriffes «Risikopatienten» in einer Weise interpretiert werden kann, die einen Vergleich mit sAVR impliziert. Dies war nicht unsere Absicht und wir akzeptieren, dass an dieser Stelle von «inoperablen Patienten» gesprochen werden sollte.
Wir bedauern jegliches hierdurch hervorgerufenes Missverständnis und haben die Anzeige mit sofortiger Wirkung so geändert, dass eindeutig wird, dass sich die Daten ausschliesslich auf die als inoperabel eingestuften Patienten der Kohorte B beziehen.

References

  1. Ross, J., Jr.; Braunwald, E. Aortic stenosis. Circulation. 1968, 38 (Suppl. 1), 61–7. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  2. Leon, M.B.; Smith, C.R.; Mack, M.; Miller, D.C.; Moses, J.W.; Svensson, L.G.; et al. PARTNER Trial Investigators. Transcatheter aortic-valve implantation for aortic stenosis in patients who cannot undergo surgery. N Engl J Med. 2010, 363, 1597–607. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  3. Smith, C.R.; Leon, M.B.; Mack, M.J.; Miller, D.C.; Moses, J.W.; Svensson, L.G.; et al. PARTNER Trial Investigators. Transcatheter versus surgical aortic-valve replacement in highrisk patients. N Engl J Med. 2011, 364, 2187–98. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  4. Huber, C.; Göber, V.; Berdat, P.; Carrel, T.; Eckstein, F. Benefits of cardiac surgery in octogenarians—A postoperative quality of life assessment. Eur J Cardiothorac Surg. 2007, 31, 1099–105. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]

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MDPI and ACS Style

Lemercier, J.-L.; Göber, V.; Huber, C.; Carrel, T. Werbung mit Ungeschicktem «Wording». Cardiovasc. Med. 2011, 14, 331. https://doi.org/10.4414/cvm.2011.01624

AMA Style

Lemercier J-L, Göber V, Huber C, Carrel T. Werbung mit Ungeschicktem «Wording». Cardiovascular Medicine. 2011; 14(11):331. https://doi.org/10.4414/cvm.2011.01624

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Lemercier, Jean-Luc, Volkhard Göber, Christoph Huber, and Thierry Carrel. 2011. "Werbung mit Ungeschicktem «Wording»" Cardiovascular Medicine 14, no. 11: 331. https://doi.org/10.4414/cvm.2011.01624

APA Style

Lemercier, J.-L., Göber, V., Huber, C., & Carrel, T. (2011). Werbung mit Ungeschicktem «Wording». Cardiovascular Medicine, 14(11), 331. https://doi.org/10.4414/cvm.2011.01624

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