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Cardiovascular Medicine is published by MDPI from Volume 28 Issue 1 (2025). Previous articles were published by another publisher in Open Access under a CC-BY (or CC-BY-NC-ND) licence, and they are hosted by MDPI on mdpi.com as a courtesy and upon agreement with Editores Medicorum Helveticorum (EMH).
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Editorial

Blutdruckmessung und—Abklärung Beim Kind

by
Giacomo D. Simonetti
* and
Barbara S. Bucher
Pädiatrische Nephrologie, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, CH-3010 Bern, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Cardiovasc. Med. 2014, 17(3), 85; https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00209
Submission received: 19 December 2013 / Revised: 19 January 2014 / Accepted: 19 February 2014 / Published: 19 March 2014

Summary

Blood pressure measurement and assessment in children. The prevalence of high blood pressure in the paediatric population is lower than in adults; nevertheless, it is important to recognise promptly hypertensive children. Blood pressure increases with age during childhood. “High normal” blood pressure is a blood pressure above the 90th percentile and established hypertension a blood pressure above the 95th percentile. The varying arm and thigh sizes of children and adolescents require blood pressure cuffs that are appropriately sized. The use of an oscillometric device is more convenient for infants. Although the prevalence of hypertension in paediatrics is lower than in adults, clinically identifiable causes of hypertension account for a much higher proportion of hypertension in children. The pharmacological treatment of hypertension in childhood is similar to the treatment of adults.

Einleitung

Während bis zu 25% der erwachsenen Bevölkerung an einer arteriellen Hypertonie leidet, ist bei Kindern und jungen Erwachsenen die arterielle Hypertonie seltener, sie betrifft jedoch immerhin etwa 2% aller Kinder [1]. Der praktizierende Arzt sollte gewisse Besonderheiten bezüglich der Definition des normalen Blutdrucks, der Messtechnik und der Abklärungen beim Vorliegen erhöhter Blutdruckwerte bei Kindern und Jugendlichen kennen. Diese Aspekte, zusammen mit bestimmten Risikofaktoren, die die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie im Kindesalter begünstigen, sollen hier dargestellt werden.

Definitionen

Die Definition der arteriellen Hypertonie bei Erwachsenen und bei Kindern unterscheidet sich grundlegend. Im Kindesalter stellt der Blutdruck eine von Alter, Länge und Geschlecht abhängige Grösse dar, wie dies für Gewicht, Körperlänge, und Kopfumfang allgemein bekannt ist. Allgemein gilt dabei als normaler Blutdruck ein Wert unterhalb der entsprechenden 90. Perzentile. Als hochnormal werden Werte ≥90. Perzentile und <95. Perzentile bezeichnet. Eine arterielle Hypertonie ist definiert als ein Messwert ≥95. Perzentile (Table 1), wobei drei erhöhte Messwerte anlässlich von drei Konsultationen zur Diagnosestellung gefordert werden [2]. Im Adoleszentenalter fliessen die pädiatrischen Blutdruck Perzentilenwerte in die Erwachsenen Normwerte ein. Beim Vorliegen von Nierenerkrankungen oder Diabetes mellitus sollen jeweils restriktivere Grenzwerte zur Anwendung kommen. Der Zielbereich für nierenkranke Kinder und Jugendliche ohne Proteinurie ist die 75. Perzentile und für nierenkranke Kinder und Jugendliche mit Proteinurie hingegen die 50. Perzentile (Table 1) [3,4,5,6].
Die Entität der «Praxis Hypertonie» ist auch in der Pädiatrie allgemein anerkannt. Die Geräte zur ambulanten 24 Stunden Blutdruckmessung werden ab dem Alter von etwa 5–6 Jahren in der Regel gut toleriert. Entsprechende Normwerttabellen sind nun ebenfalls für diese Altersgruppe verfügbar [7]. Die ambulante Blutdruckmessung ist nicht nur bei Verdacht auf eine «Praxis Hypertonie», sondern auch bei fehlendem Ansprechen auf die Pharmakotherapie hilfreich. Ausserdem ist die Beurteilung des nächtlichen Absinkens des Blutdrucks sowie die Beurteilung der absoluten nächtlichen Blutdruckwerte von grosser Wichtigkeit für die Langzeitprognose und die Entwicklung von Endorgan Schäden.

Messung

Die Messung erfolgt beim möglichst entspannten Kind unter Verwendung einer Manschette, deren Breite der Körpergrösse angepasst sein muss. Annähernd wird jene Manschette verwendet, die satt am Oberarm angelegt werden kann, ohne das Stethoskop in der Ellenbeuge zu berühren. Dabei sollten mindestens drei Breiten (zum Beispiel 4, 8 und 12 cm) zur Verfügung stehen. Wie bei der Messung beim Erwachsenen wird das Auftreten und das Verschwinden der Töne registriert. Beim Säugling und beim Kleinkind ist nur mit Hilfe eines validierten oszillometrischen Messgerätes oder mit der Doppler Verschlussdruck Messung eine zuverlässige Messung möglich [1]. Präventive Routinemessungen sollen ab dem Alter von 6 Jahren durchgeführt werden. Nebst der routinemässigen Bestimmung des Blutdruckes (ab dem Alter von 6 Jahren, gemäss Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie) gibt es auch altersunabhängige Indikationen, die unbedingt beachtet werden müssen, wie zum Beispiel bei jedem unklaren Krankheitsbild, bekannten oder vermuteten renalen oder kardialen Erkrankungen, akuten neurologischen Erkrankungen, bei auf arterielle Hypertonie verdächtigen Symptomen (Kopfschmerzen, Epistaxis usw.), familiärer Belastung mit arterieller Hypertonie, Zustand nach Frühoder Mangelgeburtlichkeit.

Ursachen

Im Voradoleszentenalter ist eine essentielle Hypertonie selten, so dass bei der Abklärung einer arteriellen Hypertonie immer die Suche nach einer sekundären Form indiziert ist. Wiederholte Blutdruckmessungen oberhalb der 95. Perzentile oder eine pathologische ambulante 24 Stunden Blutdruckmessung erfordern weitere Abklärungen (Abb. 1) [4]. Wiederholte Blutdruckmessungen zwischen der 90. und 95. Perzentile verlangen hingegen regelmässige Blutdruckkontrollen. Die möglichen Ursachen einer sekundären Hypertonie beim Kind sind vielfältig (zum Beispiel renale, urologische und kardiale Erkrankungen, Nierenarterienstenose, Aortenisthmusstenose, neuroendokrine Tumoren, Hyperkalzämie, Hyperthyreose, erhöhter intrakranieller Druck, Enzephalitis, monogenetische Formen der Hypertonie, essentielle Hypertonie). Die Ausschlussdiagnose einer essentiellen Hypertonie wird meistens erst ab der Pubertät gestellt. Bei mehr als der Hälfte der Kinder mit einer arteriellen Hypertonie liegt eine «renale» arterielle Hypertonie vor. Die im Kleinkindesalter klassischerweise vorkommende Aortenisthmusstenose ist speziell erwähnenswert. Des Weiteren kann gelegentlich die Einnahme von pharmakologischen Substanzen (zum Beispiel nichtsteroidale Antirheumatika, schleimhautabschwellende Medikamente, Glukokortikosteroide, Ciclosporin A, Tacrolimus, Ketoconazol, Lakritze, Methylphenidat, Alkohol, Koffein) zu einer Hypertonie führen [4].
Beim Vorliegen einer ausgeprägten arteriellen Hypertonie, die mittels der üblichen Abklärungsschritte nicht erklärt werden kann, stellt sich die fast klassische Frage nach dem Vorliegen einer Nierenarterienstenose. Bei Kindern und Jugendlichen findet sich meist eine der folgenden Ursachen einer Nierenarterienstenose: fibromuskuläre Dysplasie, Thrombose der Nierenarterie (zum Beispiel nach Einlage eines Nabelarterienkatheters im Neugeborenenalter) oder angeborene multisystemische Syndrome (zum Beispiel Williams Beuren Syndrom, Alagille Syndrom oder Neurofibromatose Typ 1). Die sogenannten monogenetischen, familiären Hypertonieformen sind sehr selten, aber meistens schwer einstellbar und im Kindesalter manifest. Hinweisend für diese Hypertonieformen ist die positive Familienanamnese zusammen mit dem Vorhandensein einer Hypokaliämie mit metabolischer Alkalose oder eine Hyperkaliämie mit metabolischer Azidose, die Reninwerte im Plasma sind meistens supprimiert («Low renin Hypertension») [8].
Abbildung 1. Diagnostischer Algorithmus der Hypertonie. SBD = systolischer Blutdruck; DBD = diastolischer Blutdruck; P = Perzentile; ABPM = ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung [4].
Abbildung 1. Diagnostischer Algorithmus der Hypertonie. SBD = systolischer Blutdruck; DBD = diastolischer Blutdruck; P = Perzentile; ABPM = ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung [4].
Cardiovascmed 17 00085 g001

Risikofaktoren für arterielle Hypertonie im Kindesalter

Bereits im Vorschulalter findet sich ein statistischer Zusammenhang zwischen Body Mass Index und Blutdruckwerten [1,9]. Bei Jugendlichen mit Bluthochdruck besteht in ca. 40% der Fälle auch eine Adipositas; durch Gewichtsreduktion kann in diesen Fällen der Blutdruck meist in den Normalbereich gesenkt werden. Mit der Zunahme des Anteils übergewichtiger Kinder und Jugendlicher in der Bevölkerung muss auch mit einem Anstieg der Häufigkeit des Bluthochdrucks in dieser Altersgruppe gerechnet werden [10].
Kinder von hypertensiven oder adipösen Eltern neigen auch häufig zur Entwicklung hypertoner Blutdruckwerte [9]. Dieses Phänomen ist im Rahmen einer genetischen Prädisposition oder des «ungesunden» Lebensstils innerhalb der Familie zu erklären. Neue Erkenntnisse zeigen, dass ebenfalls Passivrauchen im Kindesalter zur Entwicklung höherer Blutdruckwerte führt [9]. Auch Frühgeburtlichkeit und intrauterine Wachstumsverzögerung gehen mit höheren Blutdruckwerten und im späteren Leben mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko einher [11,12]. Gerade in diesen Gruppen wäre eine frühzeitige Erkennung des Bluthochdrucks angebracht, um kardiovaskulären Schäden vorzubeugen.

Schlussfolgerung

Die Blutdruckmessung im Kindesalter, die frühzeitige Erfassung von Risikokindern und die korrekte Therapie von hypertensiven Kindern tragen zur Prävention kardiovaskulärer Spätfolgen im Erwachsenenalter bei. Die arterielle Hypertonie und die Zielwerte für deren Behandlung sind heutzutage klar definiert.

Take-home Message

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Das hypertensive Kind ist eine Seltenheit, etwa 2% der Kinder haben hypertone Blutdruckwerte.
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Normaler Blutdruck im Kindesalter ist definiert mit einem systolischen und/oder diastolischen Wert unterhalb der 90. Perzentile. Hochnormal werden Werte ≥90. Perzentile und <95. Perzentile bezeichnet. Eine arterielle Hypertonie ist definiert als ein Messwert ≥95. Perzentile.
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Da die essentielle Hypertonie vor der Adoleszenz selten ist, ist die Suche nach der Ursache einer sekundären Form immer indiziert.
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Adipositas, Frühoder Mangelgeburtlichkeit, genetische Prädisposition sind Risikofaktoren für die Entwicklung einer Hypertonie bereits im Kindesalter. Präventive Massnahmen sind in diesen Risikogruppen besonders wichtig.

Funding / potential competing interests

No financial support and no other potential conflict of interest relevant to this article was reported.

References

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Tabelle 1. Gleichungen, die sich für eine grobe Schätzung der oberen Blutdruck- referenzwerte (95. und 90. Perzentile) und der 50. und 75. Perzentile bei Kindern und Adoleszenten (bis 17 Jahre) etabliert haben (Werte in mm Hg). Die 50. und 75. Perzentile stellen den Zielbereich für nierenkranke Kinder mit oder ohne Proteinurie dar. Die mit diesen Gleichungen ermittelten Werte sind für beide Geschlechter gültig [5,6]. Originalquelle bzw. Perzentilenkurven in den Referenzen [2,4]..
Tabelle 1. Gleichungen, die sich für eine grobe Schätzung der oberen Blutdruck- referenzwerte (95. und 90. Perzentile) und der 50. und 75. Perzentile bei Kindern und Adoleszenten (bis 17 Jahre) etabliert haben (Werte in mm Hg). Die 50. und 75. Perzentile stellen den Zielbereich für nierenkranke Kinder mit oder ohne Proteinurie dar. Die mit diesen Gleichungen ermittelten Werte sind für beide Geschlechter gültig [5,6]. Originalquelle bzw. Perzentilenkurven in den Referenzen [2,4]..
Cardiovascmed 17 00085 i001

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MDPI and ACS Style

Simonetti, G.D.; Bucher, B.S. Blutdruckmessung und—Abklärung Beim Kind. Cardiovasc. Med. 2014, 17, 85. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00209

AMA Style

Simonetti GD, Bucher BS. Blutdruckmessung und—Abklärung Beim Kind. Cardiovascular Medicine. 2014; 17(3):85. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00209

Chicago/Turabian Style

Simonetti, Giacomo D., and Barbara S. Bucher. 2014. "Blutdruckmessung und—Abklärung Beim Kind" Cardiovascular Medicine 17, no. 3: 85. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00209

APA Style

Simonetti, G. D., & Bucher, B. S. (2014). Blutdruckmessung und—Abklärung Beim Kind. Cardiovascular Medicine, 17(3), 85. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00209

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