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Cardiovascular Medicine is published by MDPI from Volume 28 Issue 1 (2025). Previous articles were published by another publisher in Open Access under a CC-BY (or CC-BY-NC-ND) licence, and they are hosted by MDPI on mdpi.com as a courtesy and upon agreement with Editores Medicorum Helveticorum (EMH).
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Communication

2. «Cardiovascular Roundtable» in Weggis

by
Ruth Amstein
1,
Frank Enseleit
2 and
Thomas F. Lüscher
3,*
1
Foundation for Cardiovascular Research, Zurich Heart House, Zurich, Switzerland
2
Department of Cardiology, University Hospital Zurich, 8091 Zurich, Switzerland
3
Direktor Klinik für Kardiologie Universitätsspital Zürich, 8091 Zürich, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Cardiovasc. Med. 2006, 9(3), 127; https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01155
Submission received: 31 December 2005 / Revised: 31 January 2006 / Accepted: 28 February 2006 / Published: 31 March 2006

Hintergrund

Traditionelle Werte und Identitäten werden in unserer schnellebigen Gesellschaft nicht nur im Gesundheitswesen, sondern in den meisten Lebensbereichen stark in Frage gestellt. Unsere Politiker, die Ärzteschaft und die Pharmaindustrie sind als verantwortliche Partner im Gesundheitswesen mit Fragen konfrontiert, wie unsere Gesellschaft auf die zunehmende Überalterung, den schwindenden Wohlstand, immer schnellere technologische Entwicklungen, die Wandlung ethischer Werte und die zunehmende Komplexität der medizinischen Betreuung reagiert. Die Herausforderung für alle beteiligten Partner liegt darin, in einem Umfeld von sich stetig ändernden Rahmenbedingungen und auch Grenzverschiebungen von Werten eine sozial und ethisch verträgliche medizinische Versorgung anzubieten.
CARTAoder «Cardiovascular Roundtable» wurde von der Stiftung für Herz- und Kreislaufforschung und der Kardiologie am Universitätsspital Zürich ins Leben gerufen, mit dem Ziel, kardiovaskulär tätige Ärzte, führende Industriepartner sowie Gesundheitspolitiker aus der Schweiz in regelmässigen Abständen am runden Tisch zu einem Dialog zusammenzubringen. Dabei sollen in informeller und offener Art Gedanken und gegenseitige Erwartungen ausgetauscht, aktuelle Themen und Probleme diskutiert sowie gemeinsame Lösungsansätze formuliert werden. Das Ziel ist es, Schranken und Missverständnisse abzubauen sowie mögliche Wege einer Verbesserung der kardiovaskulären Forschung, der Fortbildung und der Qualität der medizinischen Versorgung aufzuzeigen.
Nach einem erfolgreichen ersten Treffen im Februar 2005 in Davos fand der zweite runde Tisch am 28. Oktober 2005 in Weggis statt. 55 Teilnehmer, die sich aus Kardiologen in leitender Funktion an Kliniken und aus der Praxis sowie Vertretern in führenden Positionen aus der Pharma- und Medizinaltechnikindustrie zusammensetzten, trafen sich zu einem angeregten Dialog im Park Hotel Weggis. Thematisch standen folgende Problemkreise im Brennpunkt der Diskussion: die Überalterung unserer Gesellschaft, die klinische Forschung in der Schweiz sowie Stärken und Mehrwert der pharmazeutischen Industrie und des Gesundheitswesens in der Schweiz.

Die Pharmaindustrie als Wachstumsmotor und Forschungspartner

Ganz im partnerschaftlichen Sinne dieses Treffens eröffneten Hanspeter Quodt, Chef von MSD Schweiz, und Prof. Hugo Saner vom Inselspital Bern den Dialog. Im ersten Referat zeigte Dr. Stephan Vaterlaus von Plaut Economics die Bedeutung der Pharmaindustrie als wichtiger Wachstumsmotor für die schweizerische Volkswirtschaft auf. Nach dem kontinuierlichen Niedergang der Maschinenindustrie ist die Pharmaindustrie der wichtigste Industriezweig in der Schweiz; sie stellt 30 000 meist hoch qualifizierte Arbeitsplätze zur Verfügung, und weitere 70 000 Arbeitsplätze hängen von dieser Branche ab. Ausserdem zeichnet sie für 76% der gesamten Forschungstätigkeit in der Schweiz verantwortlich. Der Industriezweig ist stark exportorientiert und kommt für ein Viertel aller Schweizer Exporte auf.
Durch die weltweite Vernetzung im Internet wird die globale Forschungsgemeinschaft zu einem globalen Forschungsdorf, das der Schweiz nicht nur Vorteile bringt, meinte Prof. Thomas F. Lüscher in seinem Referat über klinische Forschung. Die Schweizer Forscher zählen zu den meist zitierten der Welt, und die Nobelpreis-Dichte ist in der Schweiz sehr hoch. Der Forschungsstandort Schweiz und Westeuropa ist allerdings bedroht durch die chronische Unterfinanzierung im Bereich der staatlichen Forschungsbeiträge. Weniger als 5% der Mittel des Schweizerischen Nationalfonds werden für die kardiovaskuläre Forschung aufgewendet. Um so wichtiger ist die Zusammenarbeit mit der Industrie, die als Partner und wichtige Finanzierungsquelle für die klinische Forschung in der Schweiz auftritt.
Angesichts der mangelnden öffentlichen Unterstützung für klinische Forschung in der Schweiz wurde als Gegenoffensive das Netzwerk «CardioVasc Suisse» gegründet, das vom Präsidenten Prof. Felix Mahler aus Bern vorgestellt wurde. Ziel von CardioVasc Suisse ist die Errichtung eines effizienten Netzwerks zwischen den medizinischen Fachgesellschaften, der Schweizerischen Herzstiftung, den verschiedenen Förder- und Patientenorganisationen sowie den Ärzten und der Industrie. Durch vermehrte Prävention und gezielte Forschung sollen eine Verringerung der Morbidität und Mortalität von Herzkreislauferkrankungen sowie eine Reduktion der Gesundheitskosten erreicht werden.

Gesundheitskosten in der alternden Gesellschaft

Mit diesem Thema haben sich zwei Referenten aus ganz unterschiedlichen Standpunkten beschäftigt. Prof. Thomas Szucs vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich widerlegte mit ökonomischen Überlegungen die Mythen einer teuren Medizin im Alter. Am Lebensende lassen sich keine signifikanten Einsparungen realisieren, da das letzte Quartil im Leben eines Menschen zu jedem beliebigen Sterbezeitpunkt das teuerste darstellt. Ausserdem widerlegte er die These, dass eine höhere Lebenserwartung zu höheren Kosten führe. Auch ältere Menschen sind an der Generierung von Wertschöpfung beteiligt. Gemäss OECD führt jedes weitere Lebensjahr zu einer Zunahme des Bruttosozialproduktes von 4%. Die hohen Gesundheitskosten am Lebensende sind durch eine frühzeitige Erfassung und Behandlung der Risikofaktoren beeinflussbar.
Aus anderer Perspektive sieht Dr. Lukas Steinmann von Avenir Suisse das Problem der Überalterung. Die demographische Entwicklung der Schweizer Bevölkerung zeichnet sich dadurch aus, dass die Leute immer älter werden und es weniger Kinder und weniger Personen gibt, die ein Einkommen generieren. Eine gewisse Kompensation besteht nur durch die Zuwanderung aus anderen Ländern. Wichtige Gründe für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen sind einerseits die höhere Lebenserwartung und der höhere Anteil älterer Menschen in unserer Gesellschaft. Andererseits ist der Kostenanstieg auch systembedingt, da die Leistungserbringer (Ärzte und Industrie) an hohen Gesundheitskosten selbst verdienen und deshalb keine Motivation zum Sparen haben. Als wichtiges Problem sieht er die Überwälzungen der höheren Versicherungsleistungen der älteren Bevölkerung auf die jüngeren Generationen. Die Generationensolidarität führt zu einem Netto-Transfer von derzeit 4 Milliarden Franken pro Jahr von jüngeren Bevölkerungsschichten auf ältere. Er plädiert deshalb für altersabhängige Versicherungsprämien und für eine Übertragung der Gesundheitskosten auf die wahren Kostenverursacher. Die demographische Entwicklung ist eine unveränderliche Tatsache und erfordert rasche Lösungen, die in einer entsprechenden Reform des KVG zum Ausdruck kommen sollten.

«Breakout»-Sessionen

In diesen Sessionen waren die Teilnehmer in kleinen Gruppen gefordert, gemeinsame Lösungsansätze zu im Vorfeld definierten Problemkreisen zu erarbeiten. Unter der Leitung von Prof. M. Pfisterer vom Universitätsspital Basel und Prof. R. L. Galeazzi, Präsident der Ethikkommission des Kantons Zürich, wurden die Probleme bei klinischen Studien mit Ethikkommissionen erörtert. Klinische Forscher aus der Klinik und der Industrie appellierten für eine grosszügigere Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und Institutionen, eine Reduktion der Anzahl der Kommissionen und eine gegenseitige Anerkennung der Entscheide. Hart kritisiert wurde die Versicherungsfrage im Rahmen von klinischen Studien, die internationalen Bestimmungen angepasst werden sollte.
Eine zweite Gruppe unter der Leitung von Prof. A. Gallino, Ospedale San Giovanni in Bellinzona, und Dr. L. Schalch von BMS Baar diskutierte die Probleme von Schweizer Multizenterstudien. Die Kultur für Multizenterstudien ist in der Schweiz insbesondere im Bereich der Patientenrekrutierung schlecht ausgeprägt. Dem stehen die gut durchgeführten kleineren Studien verschiedenster Zentren gegenüber. Die Rekrutierungsproblematik wird auf fehlende Studienkoordinatoren und Studienschwestern sowie auf eine mangelnde professionelle Ausbildung zurückgeführt. Hier könnte sich CardioVasc Suisse mit Ausbildungsprogrammen und Normen profilieren. Ausserdem fehlt in der Schweizer Bevölkerung infolge einer hervorragenden medizinischen Versorgung die Bereitschaft, an klinischen Studien teilzunehmen.
Was sind die Stärken und der Mehrwert in unserem Gesundheitswesen? Das war das anspruchsvolle Thema der dritten Gruppe unter der Leitung von Prof. T. F. Lüscher und Martin Zenhäusern von der Kommunikationsberatung Zenhäusern und Partner in Zürich. Ein zentraler Punkt in dieser Diskussion war die Zusammenarbeit mit den Medien, um die Stärken unseres Gesundheitswesens, die hervorragende medizinische Versorgung und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie in positivem Sinne zu kommunizieren. Der Aufbau der Glaubwürdigkeit von Ärzten und Industrievertretern gegenüber der Öffentlichkeit sollte unter Einbezug der Medien in Angriff genommen werden. Die Resultate der drei Gruppen wurden im Plenum unter der Moderation von Prof. M. Genoni vom Universitätsspital Zürich und Dr. S. Rotzler, Chef von Bayer Schweiz, angeregt diskutiert. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass der «Cardiovascular Roundtable» einen wichtigen Beitrag zu einer konstruktiven Bewältigung der Herausforderungen unseres Gesundheitswesens in der Zukunft leistet und in regelmässigen Abständen einberufen werden sollte.
Der «Cardiovascular Roundtable» (CARTA) wird organisiert von der Stiftung für Herz- und Kreislaufforschung, der Kardiologie, Universitätsspital Zürich und CardioVasc Suisse, Bern.

Share and Cite

MDPI and ACS Style

Amstein, R.; Enseleit, F.; Lüscher, T.F. 2. «Cardiovascular Roundtable» in Weggis. Cardiovasc. Med. 2006, 9, 127. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01155

AMA Style

Amstein R, Enseleit F, Lüscher TF. 2. «Cardiovascular Roundtable» in Weggis. Cardiovascular Medicine. 2006; 9(3):127. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01155

Chicago/Turabian Style

Amstein, Ruth, Frank Enseleit, and Thomas F. Lüscher. 2006. "2. «Cardiovascular Roundtable» in Weggis" Cardiovascular Medicine 9, no. 3: 127. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01155

APA Style

Amstein, R., Enseleit, F., & Lüscher, T. F. (2006). 2. «Cardiovascular Roundtable» in Weggis. Cardiovascular Medicine, 9(3), 127. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01155

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