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Unaufhörliche Supraventrikuläre Tachykardie

1
Schweizer Herz- und Gefässzentrum Bern, Inselspital, Bern, Switzerland
2
Klinik und Poliklinik für Kardiologie, Inselspital, Universitätsklinik Bern, CH-3010 Bern, Switzerland
Cardiovasc. Med. 2006, 9(2), 81; https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01153
Submission received: 24 November 2005 / Revised: 24 December 2005 / Accepted: 24 January 2006 / Published: 24 February 2006

Fallbeschreibung

Eine 36jährige Patientin wird mit seit über drei Jahren anhaltenden Tachykardien zur Ablation zugewiesen. Die Tachykardie ist beinahe unaufhörlich, d.h. im EKG können gelegentliche spontane Terminierungen beobachtet werden. Diese Terminierungen dauern jedoch nur wenige Sekunden und gehen nach Akzelerierung des Sinusrhythmus ohne Extrasystole wieder in die Tachykardie über (Abbildung 1). Medikamentöse Therapieversuche blieben ohne Erfolg. Eine strukturelle Herzerkrankung wurde mittels Echokardiographie, welche eine normale Ventrikelfunktion zeigte, ausgeschlossen.
Abbildung 1. 12-Kanal-EKG: Zu Beginn supraventrikuläre Tachykardie mit negativer P-Welle in inferioren Ableitungen und V3–6 (Stern). Spontane Terminierung mit nachfolgendem Sinusrhythmus, welcher akzeleriert und nach 5 Schlägen erneutes Auftreten der Tachykardie ohne vorangehende Extrasystole (negative P-Welle am Ende der T-Welle, Pfeil).
Abbildung 1. 12-Kanal-EKG: Zu Beginn supraventrikuläre Tachykardie mit negativer P-Welle in inferioren Ableitungen und V3–6 (Stern). Spontane Terminierung mit nachfolgendem Sinusrhythmus, welcher akzeleriert und nach 5 Schlägen erneutes Auftreten der Tachykardie ohne vorangehende Extrasystole (negative P-Welle am Ende der T-Welle, Pfeil).
Cardiovascmed 09 00081 g001

Differentialdiagnose? Elektrophysiologische Untersuchung?

Differentialdiagnostisch kommen bei (beinahe) unaufhörlichen supraventrikulären Tachykardien (incessant tachycardia) mit langem RP’-Intervall und negativen (invertierten) P-Wellen in den inferioren Ableitungen (Abbildung 1) drei Mechanismen in Frage:
(1.) die atypische AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (atypische AVNRT); (2.) eine atriale Tachykardie posteroseptalen Ursprungs und (3.) die permanente Form der junktionalen Reentry-Tachykardie (PJRT). Alle drei Formen sind klinisch schwierig voneinander zu trennen, sprechen kaum auf Medikamente an und können bei langjähriger Existenz zu einer Tachykardiopathie führen.
Reentry-Tachykardien mit akzessorischen Leitungsbahnen, welche langsam retrograd leiten, sind insgesamt selten [1]. Die retrograde Leitung dieser akzessorischen Leitungsbahnen zeigt dekrementelle Eigenschaften vergleichbar denen des AV-Knotens, d.h. die ventrikuloatriale Leitung wird bei rascherer Ventrikelstimulation länger. Sowohl bei der PJRT wie auch bei der atypischen AVNRT liegt die atriale Insertion der langsamen retrograden Leitungsbahn mehrheitlich posteroseptal rechts, was die Inversion der P-Wellen-Morphologie erklärt (Aktivierung des rechten Vorhofs von unten nach oben). Charakteristisch für diese Tachykardien ist die spontane Induktion beim Erreichen einer kritischen Zykluslänge ohne Erfordernis einer Extrasystole. Die Beständigkeit dieser Tachykardien und die spontane Reinduktion im Sinusrhythmus sind pathophysiologisch durch die langsame retrograde Leitung zu erklären und damit für die atypische AVNRT und die PJRT kennzeichnend. Eine definitive Diagnose lässt sich nur mit Hilfe einer elektrophysiologischen Untersuchung stellen.
Bei der hier vorgestellten Patientin konnte die Tachykardie reproduzierbar mittels eines vorzeitigen ventrikulären Einzelstimulus terminiert werden, ohne dass dieser zu einer Aktivierung des Vorhofs geführt hätte. Damit lässt sich eine atriale Tachykardie als Ursache ausschliessen, denn diese bleibt bei fehlender atrialer Antwort unbeeinflusst. Fallen die ventrikulären Stimuli mit der antegraden Aktivierung des His-Bündels zusammen (d.h. mit der absoluten Refraktärzeit desselben), kann eine AVNRT ebenfalls ausgeschlossen werden, da diese auch unbeeinflusst bleibt und somit nicht terminieren würde [2]. Damit war bei dieser Patientin die Diagnose einer PJRT gestellt. Eine Radiofrequenz-Ablation im Bereich der frühsten retrograden Vorhofsaktivierung während der Tachykardie führte zu einer Terminierung der Rhythmusstörung, welche im Verlauf nicht mehr auslösbar blieb.
Die permanente junktionale Reentry-Tachykardie ist in ca. 1% der Fälle der Mechanismus der supraventrikulären Tachykardie. Diese Rhythmusstörung kommt gehäuft im Kleinkindesalter bzw. Adoleszentenalter vor. Eine medikamentöse Therapie ist oft nicht erfolgreich und langfristige Tachykardien können zu schweren Tachykardiopathien führen. Die Ablationsbehandlung ist in dieser Situation die einzige therapeutische Option mit langfristig hohen Heilungschancen [3].

References

  1. Dorostkar, P.C.; Silka, M.J.; Morady, F.; Dick, M., 2nd. Clinical course of persistent junctional reciprocating tachycardia. J Am Coll Cardiol 1999, 33, 366–375. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  2. Chien, W.W.; Cohen, T.J.; Lee, M.A.; Lesh, M.D.; Griffin, J.C.; Schiller, N.B.; Scheinman, M.M. Electrophysiological findings and longterm follow-up of patients with the permanent form of junctional reciprocating tachycardia treated by catheter ablation. Circulation 1992, 85, 1329–1336. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  3. Aguinaga, L.; Primo, J.; Anguera, I.; Mont, L.; Valentino, M.; Brugada, P.; Brugada, J. Long-term follow-up in patients with the permanent form of junctional reciprocating tachycardia treated with radiofrequency ablation. Pacing Clin Electrophysiol 1998, 21, 2073–2078. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]

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MDPI and ACS Style

Rotter, M. Unaufhörliche Supraventrikuläre Tachykardie. Cardiovasc. Med. 2006, 9, 81. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01153

AMA Style

Rotter M. Unaufhörliche Supraventrikuläre Tachykardie. Cardiovascular Medicine. 2006; 9(2):81. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01153

Chicago/Turabian Style

Rotter, Martin. 2006. "Unaufhörliche Supraventrikuläre Tachykardie" Cardiovascular Medicine 9, no. 2: 81. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01153

APA Style

Rotter, M. (2006). Unaufhörliche Supraventrikuläre Tachykardie. Cardiovascular Medicine, 9(2), 81. https://doi.org/10.4414/cvm.2006.01153

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