Summary
In an ageing population, quality of life (QOL) plays an important role in disease management. QOL in patients with cardiovascular diseases treated in an outpatient setting are rarely described in a single research project, mainly because of the methodological complexity and missing instruments, eg patients questionnaires in German. The aim of the following study was to determine QOL by means of standardised, validated and self-administered questionnaires at the Cardiovascular Center Zurich outpatient clinic between January and June 2003. We used the Short Form 36 (SF-36) and the Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire (MLHFQ) to assess determinants of QOL in 250 consecutive patients with coronary heart disease (44%), congenital heart disease (19%), valvular heart disease (17%), hypertensive heart disease (6%), and dilatative cardiomyopathy (5%). Questionnaires’ return rate was 91%. Of those, 17 (7.5%) were not readable, thus data of 210 questionnaires (84%) were analysed.
Mean age was 55 years (± 16.4, range 18 to 85 years) and average inter-correlation among the items measured by Cronbach’s alpha was 0.8414 (physical role) to 0.8890 (social function) with the SF-36 and 0.6010 (physical dimension) to 0.8182 (emotional dimension) with the MLHFQ. Determinants of decreasing QOL were increasing BMI (SF-36: p = 0.0010; MLHFQ: p = 0.0239), number of medications (SF-36 and MLHFQ: p <0.001), number of cardiovascular risk factors (SF-36: p = 0.0004; MLHFQ: p = 0.0173), increased age (SF-36: p = 0.0061; MLHFQ: p = 0.0404) and lower left ventricular ejection fraction (SF-36: p = 0.0065; MLHFQ: p = 0.0002), respectively. All cardiovascular diseases could be discriminated against dilatative cardiomyopathy, however questionnaires’ items were not able to express the specific distinguishing qualities of all other diagnoses. In comparison with a standard disease-free population, social function was dramatically reduced in all cardiovascular diseases (48.3% ± 10.4 vs 88.8% ± 18.4; p <0.0001).
SF-36 and MLHFQ are reliable instruments in their German translation for determining QOL in cardiovascular patients in an outpatient setting. Patients with dilatative cardiomyopathy have the poorest QOL, however discrimination between diseases by means of these two instruments is not feasible. Items for describing social role in cardiovascular diseases ought to be reevaluated. Physicians should pay more attention to the social function of patients with cardiovascular diseases.
Key words: quality of life; SF-36; coronary heart disease; cardiomyopathy outpatient clinic; Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire
Zusammenfassung
Mit zunehmender Lebenserwartung spielt die Frage der Lebensqualität unserer Patienten eine wichtige Rolle. Die Lebensqualität kardiologischer ambulanter Patienten umfasst die Auswirkungen der Erkrankung im häuslichen oder beruflichen Umfeld und sollte die ganze Breite kardiologischer Diagnosen beinhalten.
Mittels standardisierter und in verschiedenen kardiologischen Patientengruppen bereits validierter Fragebögen (SF-36 und Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire [MLHFQ]) wurde mit unterstützter Selbsterhebung eine repräsentative Umfrage bei 250 konsekutiven Patienten der kardiologischen Ambulanz der Kardiologie des Herz-KreislaufZentrums von Januar 2003 bis Juni 2003 durchgeführt.
Bei einer Rücklaufquote von 91% und 17 nicht verwertbaren Fragebögen konnten 210 Fragebögen (84%) ausgewertet wurden. Das durchschnittliche Alter betrug 55 Jahre (± 16,4 Jahre; Bereich 18–85 Jahre). Die Diagnoseverteilung war wie folgt: koronare Herzerkrankung (44%), kongenitale Vitien (19%), valvuläre Herzkrankheit (17%), hypertensive Herzkrankheit (6%) und dilatative Kardiomyopathie (5%). Die interne Konsistenz der Antworten lag bei einem a-Wert von 0,8414 (körperliche Rolle) bis 0,8890 (soziale Funktion) beim SF-36 und 0,6010 (körperliche Dimension) bis 0,8182 (emotionale Dimension) beim MLHFQ. Steigender BMI (SF-36: p = 0,0010; MLHFQ: p = 0,0239), Anzahl der Medikamente (SF-36 und MLHFQ: p <0,001), Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren (SF-36: p = 0,0004 und MLHFQ: p = 0,0173), steigendes Alter (SF-36: p = 0,0061; MLHFQ: p = 0,0404) und eine erniedrigte LVEF (SF-36: p = 0,0065; MLHFQ: p = 0,0002) führten alle zu einer Abnahme der Lebensqualität. Deutlich unterscheiden konnte man die Lebensqualität aller kardiologischen Diagnosen gegenüber der dilatativen Kardiomyopathie. Die übrigen Herzerkrankungen waren sehr schlecht gegeneinander abgrenzbar. Der grösste Unterschied im Vergleich mit einer Normpopulation lag in der Bewertung der sozialen Funktion, welche einheitlich in allen Diagnosegruppen fast um die Hälfte geringer war als in der Normpopulation (48,3% ± 10,4 vs. 88,8% ± 18,4; p <0,0001).
Der SF-36 und der MLHFQ sind im deutschsprachigen Raum einsetzbare, zuverlässige Instrumente zur Erfassung der Lebensqualität bei ambulanten kardiologischen Patienten. Sowohl der krankheitsspezifische als auch der allgemeine Fragebogen bewertet die Abnahme der Lebensqualität in der «körperlichen» Dimension stärker und zeigt eine um die Hälfte reduzierte Bewertung der sozialen Funktion. Patienten mit einer dilatativen Kardiomyopathie haben die schlechteste Lebensqualität, allerdings lassen sich die einzelnen Diagnosegruppen nicht von einander differenzieren.
Key words: Lebensqualität; SF-36; koronare Herzkrankheit; Kardiomyopathie; ambulante Patienten; Minnesota Living with Heart Failure Questionnaire
Einleitung
Mit der höheren Lebenserwartung der Menschen wird die Frage der Lebensqualität ein wichtiges Thema im klinischen Alltag. Lebensqualität hängt ab vom individuellen, subjektiven Wohlbefinden in bezug auf physische, mentale und soziale Faktoren, basierend auf eigenen Werten und Überzeugungen [
1]. Ein besseres Verstehen der Auswirkungen von Krankheiten auf die Lebensqualität würde Ärzten und dem Pflegepersonal erlauben, durch Aufklärung und Unterstützung den Risikopatienten ein angenehmeres und gesünderes Leben zu ermöglichen. Ein anderes Hauptziel der medizinischen Versorgung ist das Funktionieren im alltäglichen Leben zu maximieren und den höchsten Grad an Lebensqualität innerhalb der durch die Krankheit gegebenen Grenzen zu ermöglichen [
2]. Die Untersuchung eines Krankheitsprozesses ist aus der Perspektive eines Arztes vor allem medizinisch orientiert, im allgemeinen fokussiert auf spezifische nachteilige Anzeichen und Symptome, um eine grobe Andeutung der Schwere einer Krankheit oder deren Prognose zu geben oder im Anschluss einer therapeutischen Intervention, den Erfolg der Symptomlinderung zu erkennen [
3]. Von grösserer Wichtigkeit aus der Perspektive des Patienten sind allerdings die durch eine Krankheitsepisode hervorgerufenen Einschränkungen in den alltäglichen Tätigkeiten zuhause, in der Freizeit und bei der Arbeit, welche die Lebensqualität nachteilig beeinflussen [
4].
Zur Erfassung der Einschränkungen im Alltag und der Lebensqualität existieren verschiedene Fragebögen, wobei neben krankheitsspezifischen Fragebögen auch allgemeine Fragebögen nützlich sein können, um Daten bezüglich verschiedener chronischer Krankheiten miteinander zu vergleichen [
5]. Ein weit akzeptiertes Instrument zur Bewertung von Lebensqualität ist das «Medical Outcome Study Short Form-36» (SF-36) [
6]. Das SF-36 ist ein allgemeines Instrument zur Bewertung der Lebensqualität, spricht auf die Einschränkungen von Herzpatienten an und eignet sich deshalb für die Evaluation der Lebensqualität [
5]. Als Vergleich mit dem SF-36 wurde der im deutschsprachigen Raum wenig bekannte «Minnesota Living With Heart Failure Questionnaire» (MLHFQ) als krankheitsspezifisches Messinstrument herangezogen [
7].
Das Ziel dieser Arbeit liegt in der Quantifizierung der Lebensqualität und deren Determinanten ambulanter kardiologischer Patienten einer Universitätsklinik. Des weiteren soll der MLHFQ für diese Patientengruppe validiert werden.
Methode
Patienten
Im Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2003 wurde die deutsche Version der Fragebögen SF-36 und MLHFQ an 250 konsekutive Patienten der kardiologischen Ambulanz des HerzKreislaufZentrums verteilt. Patienten, die im angegebenen Zeitraum mehrmals ambulant betreut wurden, nahmen nur einmal an der Befragung teil. Zusätzlich erhielten die Patienten ein Beiblatt, auf dem das Vorgehen, Sinn und Zweck dieser Befragung kurz erläutert wurde. Weiterhin wurde auf die Vertraulichkeit und die Anonymität der Daten hingewiesen. Die Patienten füllten die Fragebögen im Verlauf ihrer Untersuchungen aus und warfen anschliessend den ausgefüllten Bogen in eine Urne, die im Wartezimmer aufgestellt war.
Fragebögen
Der SF-36 ist ein standardisiertes Instrument zur krankheitsübergreifenden Patienten-zentrierten Erfassung des Gesundheitszustands, der aus den Daten der Medical Outcome Study entwickelt und als Messinstrument der medizinischen Versorgungsqualität weltweit in verschiedenen Populationen eingesetzt wird [
8]. Die Übersetzung ins Deutsche, die psychometrische Testung und Normierung dieses Instruments erfolgte durch die im International Quality of Life Assessment Project (IQOLA) zusammengesetzte Arbeitsgruppe [
9]. Acht Aspekte des Gesundheitszustandes werden durch den aus 36 Items bestehenden Fragebogen SF-36 erfasst: körperliche Funktionsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion, körperliche Schmerzen, allgemeine Gesundheitswahrnehmung (zusammengefasst als Summenskala «körperliche Gesundheit») sowie Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit, emotionale Rollenfunktion, psychisches Wohlbefinden (zusammengefasst als Summenskala «psychische Gesundheit»). Ein zusätzliches Item betrifft die Beurteilung des gegenwärtigen Gesundheitszustandes im Vergleich zum Vorjahr. Die Interpretation des SF-36-Fragebogens erfolgt durch eine Transformation der Skalenwerte in 0–100, wobei ein Skalenwert von 0 einem schlechten, ein Wert von 100 einem guten Gesundheitszustand entspricht [
5].
Der MLHFQ ist ein 21-item-Fragebogen, welcher an der Universität von Minnesota, Minneapolis USA, als eine selbstbeurteilende Einschätzung des therapeutischen Erfolgs von Eingriffen bei Herzinsuffizienz entwickelt wurde [
7]. Er misst die Wahrnehmung der Auswirkungen von chronischer Herzinsuffizienz auf das Leben der Patienten, indem er jede spezifische Einschränkung hinsichtlich der Stärke der Behinderung einstuft. Die Summe aller Einzelantworten bilden den Summenscore, d.h. maximal 105 Punkte (105 Punkte = schwere Behinderung, 0 Punkte = keine Behinderung). Ebenfalls lässt sich ein Wert für die körperliche Dimension als auch für die emotionale Dimension berechnen [
10].
Kovariable
Aus der elektronischen Krankengeschichte wurden demographische und klinische Kovariablen entnommen: Diagnose, Alter, Geschlecht, BMI, Polymorbidität, Risikofaktoren, Auswurffraktion, Hauptsymptom Anzahl eingenommener Medikamente. Die Diagnosen wurden in 5 Gruppen unterteilt: valvuläre Herzkrankheit (VHK), koronare Herzkrankheit (KHK), hypertensive Herzkrankheit (HHK), kongenitale Herzkrankheit (kongenitale HK) und dilatative Kardiomyopathie (DKM) sowie sonstige Erkrankungen. Für die Analyse wurden die Patienten in drei Altersstrata eingeteilt: 18–45, 46–64 und >65 Jahre.
Normpopulation
Die Daten der Normstichprobe sind aus der Publikation von Bullinger und Kirchberger von 1998 entnommen [
11]. Diese repräsentative Probe enthält Patienten, welche eine der Gesamtpopulation Deutschlands entsprechende Verteilung an chronischen Erkrankungen aufweist. Diese Stichprobe wurde bewusst gewählt, um im Vergleich mit der kardiologischen Studienpopulation möglicherweise beeinflussende Kofaktoren, welche nicht erhoben wurden, auszugleichen. So enthält die Normstichprobe auch Patienten mit Hypertonie (21,7%), Diabetes (5,9%), Arthritis und rheumatischen Beschwerden (17,8%), Rückenproblemen/-schmerzen (38,4%) und Sehstörungen (38,4%).
Statistik
Daten werden als Mittelwert mit Standardabweichung (SD) oder Häufigkeiten dargestellt. Der Zusammenhang zwischen klinischen Variablen und der Punktezahl der Fragebögen wird mittels Pearson’s Korrelationskoeffizienten berechnet. Für den Vergleich der Fragebögen mit Variablen, welche nicht unabhängig voneinander sind (v.a. Anzahl Risikofaktoren), wurde in der Einweg-Varianz-Analyse zusätzlich die Kollinearität mittels Korrelationsmatrix der Parameterschätzungen untersucht. Die interne Konsistenz der Subskalen wurde mittels Cronbach’s Alpha evaluiert. Der Vergleich der konvergenten Validität zwischen dem SF-36 und dem MLHFQ wurde unter der Annahme einer parametrischen Verteilung mittels Pearson’s Korrelationskoeffizienten vorgenommen.
Resultate
Klinische Charakteristika
Von den 250 verteilten Fragebögen wurden 227 ausgefüllt, was einer Rücklaufquote von 91% entspricht. Die klinischen Charakteristika der untersuchten Population werden in
Table 1 gezeigt. 17 Fragebögen konnten nicht mit klinischen Variabeln korreliert werden, so dass 210 Fragebögen ausgewertet wurden. Das durchschnittliche Alter betrug 55 Jahre (54,7 ± 16,4 Jahre; Bereich 18–85 Jahre). Die überwiegende Mehrzahl der Patienten hatte eine koronare Herzkrankheit (44%), gefolgt von Patienten mit kongenitaler Herzkrankheit (19%) und valvulärer Herzkrankheit (17%). Die linksventrikuläre systolische Auswurffraktion (LVEF) im Zeitraum von 2 Jahren vor Ausfüllen des Fragebogens konnte bei 124 (58%) Patienten ermittelt werden. Die Patienten wurden in bezug auf die Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren in 3 Gruppen unterteilt: 18 (9%) besitzen keine kardiovaskulären Risikofaktoren, 44 (23%) einen und 131 zwei oder mehr Risikofaktoren.
Interne Konsistenz und Konvergenz-Validität
Die interne Konsistenz lag bei einem a-Wert von 0,8414 (körperliche Rolle) bis 0,8890 (soziale Funktion) beim SF-36 und 0,6010 (körperliche Dimension) bis 0,8182 (emotionale Dimension) beim MLHFQ.
Im Vergleich der körperlichen Funktion des SF-36 und der körperlichen Dimension des MLHFQ ergab sich eine Korrelation von –0,8524 sowie von –0,7116, wenn man die körperliche Rollenfunktion analysierte. Die emotionale Rollenfunktion des SF-36 war lediglich schwach mit der emotionalen Dimension des MLHFQ korreliert (–0,4885). Das psychische Wohlbefinden korrelierte besser mit der emotionalen Dimension des MLHFQ (–0,6605). Auch die emotionale Rollenfunktion des SF-36 spiegelt sich nicht ausreichend in der emotionalen Dimension des MLHFQ (–0,4885).
Beziehung zwischen klinischen Charakteristika und den Fragebögen
Die Resultate sind in
Table 2 zusammengefasst. Steigender BMI (SF-36: p = 0,0010; MLHFQ: p = 0,0239), Anzahl der Medikamente (SF-36 und MLHFQ: p <0,001), Anzahl kardiovaskuläre Risikofaktoren (SF-36: p = 0,0004 und MLHFQ: p = 0,0173) (
Figure 2) und eine erniedrigte LVEF (SF-36: p = 0,0065, MLHFQ: p = 0,0002) waren mit einer Abnahme der Lebensqualität verbunden (
Figure 1). Eine Erhöhung des Brain Natriuretic Peptide (BNP) war ebenfalls mit einer Erniedrigung der Lebensqualität im MLHFQ korreliert. In bezug auf Geschlecht, Symptome und Polymorbidität gab es keine Anhaltspunkte für eine Beziehung zur Lebensqualität. Die Beziehung von Alter und Lebensqualität ist in
Table 3 dargestellt: körperliche Funktion, körperliche Rolle, körperliche Schmerzen, allgemeine Gesundheit und emotionale Rolle waren im SF-36 und MLHFQ mit steigendem Alter signifikant erniedrigt.
Figure 1.
Box-Plot-Darstellung der Gesamtpunktezahl des SF-36-Fragebogens (Panel A) und des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaires ([MLHFQ], Panel B) in bezug zur Anzahl der Medikamente. Mit steigender Anzahl nimmt die Lebensqualität (entspricht niedriger Punktezahl im SF-36 und höherer Punktezahl im MLHFQ) signifikant ab (SF-36 und MLHFQ p <0,0001).
Figure 1.
Box-Plot-Darstellung der Gesamtpunktezahl des SF-36-Fragebogens (Panel A) und des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaires ([MLHFQ], Panel B) in bezug zur Anzahl der Medikamente. Mit steigender Anzahl nimmt die Lebensqualität (entspricht niedriger Punktezahl im SF-36 und höherer Punktezahl im MLHFQ) signifikant ab (SF-36 und MLHFQ p <0,0001).
Figure 2.
Box-Plot-Darstellung der Gesamtpunktezahl des SF-36-Fragebogens (Panel A) und des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaires ([MLHFQ], Panel B) in bezug zur Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren. Mit steigender Anzahl nimmt die Lebensqualität (entspricht niedriger Punktezahl im SF-36 und höherer Punktezahl im MLHFQ) signifikant ab (SF-36: p = 0,0004; MLHFQ: p = 0,0173).
Figure 2.
Box-Plot-Darstellung der Gesamtpunktezahl des SF-36-Fragebogens (Panel A) und des Minnesota Living with Heart Failure Questionnaires ([MLHFQ], Panel B) in bezug zur Anzahl kardiovaskulärer Risikofaktoren. Mit steigender Anzahl nimmt die Lebensqualität (entspricht niedriger Punktezahl im SF-36 und höherer Punktezahl im MLHFQ) signifikant ab (SF-36: p = 0,0004; MLHFQ: p = 0,0173).
Korrelation zwischen Punktezahl und Diagnose (Table 4)
Beim SF-36 sowie beim MLHFQ konnten vor allem Unterschiede in der «körperlichen Gesundheit» gemessen werden. Beim SF-36 gab es überhaupt keine signifikante Korrelation in den Bereichen soziale Funktionsfähigkeit, emotionale Rolleneinschränkung und seelisches Wohlbefinden. Deutlich unterscheiden kann man die Lebensqualität der kongenitalen Herzkrankheit von der dilatativen Kardiomyopathie. Zusätzlich lässt sich die dilatative Kardiomyopathie im Gesamtscore gegenüber den anderen Erkrankungen klar abgrenzen. Hingegen sind die übrigen Herzerkrankungen untereinander sehr schlecht mittels Gesamtscore des SF-36 abgrenzbar.
Im Gesamtscore des MLHFQ können ebenfalls wenige Herzerkrankungen diskriminiert werden. Wiederum lassen sich die Diagnosen in der emotionalen Dimension nicht unterscheiden. Auch kann die hypertensive Herzkrankheit von keiner anderen Diagnose unterschieden werden. Gut unterscheidbar sind auch hier kongenitale Herzkrankheit und dilatative Kardiomyopathie.
Unterschiede zu einer Normpopulation
In
Figure 3 ist ein Vergleich der SF-36-Gesamt-Punktezahl der kardiologischen Studienpopulation mit der Normstichprobe in den einzelnen Subskalen dargestellt. Einzig die Subskalen «körperliche Schmerzen» und «psychisches Wohlbefinden» unterscheiden sich nicht signifikant von der Normpopulation. Alle anderen Subskalen weisen signifikant geringere Punktzahlen in der Studienpopulation auf. Der grösste Unterschied liegt in der Bewertung der sozialen Funktion, welche einheitlich in allen Diagnosegruppen fast um die Hälfte geringer ist, als in der Normpopulation (48,3% ± 10,4 vs. 88,8% ±18,4; p <0,0001).
Diskussion
Die vorliegende prospektive Befragung der Lebensqualität ambulanter kardiologischer Patienten an einem tertiären Gesundheitszentrum ist die erste deutschsprachige umfassende Analyse der konvergenten und diskriminanten Validität eines allgemeinen und krankheitsspezifischen Fragebogens in fast allen kardiologischen Diagnosegruppen gleichzeitig. So gibt es bereits Studien über die Lebensqualität von Patienten mit kongenitaler Herzkrankheit [
12,
13], mit dilatativer Kardiomyopathie [
14], mit hypertensiver Herzkrankheit [
15,
16,
17,
18], mit koronarer Herzkrankheit [
19,
20] und valvulärer Herzkrankheit, jeweils verglichen mit einer Normalpopulation. Die Analyse aller kardiologischer Diagnosen gleichzeitig zeigt, dass mittels des SF-36 und des MLHFQ einzelne Diagnosegruppen innerhalb der Kardiologie hinsichtlich der reduzierten Lebensqualität unterschieden werden können und das sich diese reduzierte Lebensqualität gegenüber der generellen Bevölkerung in fast allen Dimensionen nachweisen lässt.
Innerhalb der einzelnen Diagnosegruppen haben Patienten mit einem kongenitalen Vitium eine deutlich höhere Lebensqualität als andere kardiologische Patienten. Die Vitien wurden in unserem Kollektiv fast ausschliesslich bereits im Kindesalter operativ saniert, so dass die Patienten in einer speziellen Sprechstunde für Erwachsene mit kongenitalen Vitien betreut werden. Der Anteil dieser Patienten am Gesamtkollektiv ist mit 19% relativ hoch und unterstreicht die Bedeutung dieser Patientengruppe für die kardiologische Nachkontrolle. Interessant erscheint vor allem die Tatsache, dass die soziale Funktion verglichen mit einer Normpopulation massiv eingeschränkt ist, während körperliche Funktion und Rolle im SF-36-Fragebogen überdurchschnittlich gut abschneiden. Die körperliche Dimension allerdings steht in der ärztlichen Nachkontrolle im Vordergrund, so dass diese Untersuchung einen Hinweis darauf geben könnte, vermehrt die psychosoziale Funktion und Rolle in den Vordergrund zu stellen.
Dagegen haben Patienten mit einer dilatativen Herzerkrankung die schlechteste Lebensqualität, was sich allerdings nur in einer eingeschränkten körperlichen Funktion und Rolle nicht aber im psychischen Wohlbefinden ausdrückt. Dies konnte in verschiedenen Studien, welche eine signifikante Verschlechterung der Lebensqualität mit zunehmender Dyspnoe und abnehmender linksventrikulärer Auswurffraktion zeigten [
21,
22], belegt werden. Dass die Perzeption der Einschränkung der Vitalität und des allgemeinen Gesundheitsempfindens in dieser Patientengruppe nur bedingt mit dem SF-36 erfasst werden kann, zeigt der Vergleich mit dem spezifischen Herzinsuffizienzfragebogen, in welchem diese Patientengruppe eine eindeutige Verschlechterung auf emotional-psychischer Seite zeigte.
Zwischen diesen beiden Extremen, auf der einen Seite die Patienten mit kongenitalen Vitien und auf der anderen Seite diejenigen mit einer dilatativen Kardiomyopathie, bewegen sich in dieser Befragung der Lebensqualität alle anderen untersuchten kardiovaskulären Krankheitsbilder, ohne dass man diese weiter diskriminieren könnte. Auffallend ist jedoch, dass vor allem Patienten mit einer hypertensiven Herzerkrankung einen sehr niedrigen Gesamtscore haben, was auf eine Reduktion in allen Dimensionen beruht. Das Bild eines «relativ symptomlosen» Hypertonikers, welcher von seiner Erkrankung wenig spürt, sollte angesichts der deutlich eingeschränkten körperlichen und emotionalen Rollenfunktion überarbeitet werden.
Verglichen mit der generellen Bevölkerung fällt die markante Abnahme der sozialen Funktion in allen Diagnosegruppen auf, wohin gegen körperliche Schmerzen und das psychische Wohlbefinden nicht eingeschränkt sind. Möglicherweise erfassen die Fragebögen die soziale Funktion nicht ausreichend oder das relativ hohe mittlere Alter der Studienpopulation verglichen mit der jüngeren Normstichprobe hatte eine grössere Auswirkung auf die «körperliche Gesundheit» als auf die «psychische Gesundheit» [
23]. Vergleicht man die Daten mit einer alters-und geschlechterangepassten Population, liegt die Punktezahl aber weiterhin deutlich zu tief, so dass die Sensitivität der Fragebögen hinsichtlich des sozialen Verhaltens in Frage gestellt werden darf [
11].
Klinische Prädiktoren einer verschlechterten Lebensqualität waren in dieser Studie, verglichen mit der Literatur, ein erhöhter BMI [
24], eine höhere Anzahl von Medikamenten [
25] und kardiovaskuläre Risikofaktoren [
26,
27,
28], eine erniedrigte LVEF [
29,
30] sowie eine verminderte Leistungsfähigkeit auf dem Fahrradergometer [
30]. Ebenso sollte das Alter der Patienten in die Beurteilung der Lebensqualität mittels Fragebogenumfrage mit einbezogen werden. Bis auf die Vitalität, die soziale Funktionsfähigkeit und das psychische Wohlbefinden konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen abnehmender Lebensqualität und steigendem Alter beobachtet werden. Diese einfachen klinischen Parameter werden in der Regel alle während einer kardiologischen Kontrolle erhoben und sollten im Kontext der Beurteilung der Lebensqualität ausserhalb des Spitalambulatoriums hinzugezogen werden.
Danksagung
Wir danken allen Mitarbeitern und Patienten des kardiologischen Ambulatoriums des Universitätsspitals Zürich für ihre Mithilfe bei der Durchführung dieser Untersuchung.