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Editorial

Renale Denervation: Wie Weiter nach Symplicity HTN-3? †

by
Thomas F. Lüscher
Klinik für Kardiologie, Universitäres Herzzentrum, UniversitätsSpital Zürich, Center for Molecular Cardiology, Universität Zürich und Editorial Office, Cardiovascular Medicine, Zurich Heart House, Careum Campus, CH-8091 Zürich, Switzerland
Dieses Editorial ist eine stark gekürzte und übersetzte und mit zusätzlichen Abbildungen versehene Version eines Viewpoints, der im Eur. Heart J. im Mai 2014 online erschienen ist.
Cardiovasc. Med. 2014, 17(5), 129; https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00247
Submission received: 28 February 2014 / Revised: 28 March 2014 / Accepted: 28 April 2014 / Published: 28 May 2014

Sympathikus und Kreislaufregulation

Dass das sympathische Nervensystem den Kreislauf reguliert, steht seit Jahrzehnten ausser Zweifel [1]. So führt eine Aktivierung des Sympathikus über das kar- diovaskuläre Zentrum in der Medulla oblongata zu einem Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie zu Wasserund Natriumretention in den Nieren [2]. Entsprechend wurde zunächst experimentell, aber bald danach auch klinisch versucht, durch eine Hemmung des Sympathikus bei Patienten mit Hypertonie eine Blutdrucknormalisierung zu erreichen. So führten in den 50er Jahren Chirurgen eine Sympathektomie durch, um der mit den damals verfügbaren Medikamenten schwer behandelbaren Hypertonie den Verlauf der Erkrankung zu verbessern. Sie konnten in eindrücklichen Untersuchungen zeigen, dass bei Hypertonie verschiedener Schweregrade (die sie in Gruppe 1 bis 4 einteilten) die Sympathektomie nicht nur zu einer Blutdrucksenkung, sondern auch zu einer Verminderung der Mortalität im Langzeitverlauf führt [3].

Antihypertensiva

Die Methode wurde in der Folge aufgegeben, da sie aufwendig, für den Patienten belastend, zu wenig selektiv und entsprechend mit Nebenwirkungen wie orthostatischer Hypotonie und anderem mehr behaftet war und weil in der Zwischenzeit wirksame Antihypertensiva (wie Reserpin, Alphamethyldopa und später Betablocker und ACE-Hemmer) entwickelt worden waren [4]. Auch die ersten Antihypertensiva wie beispielsweise Reserpin, Alphamethyldopa u.a.m., die alle auch in der einen oder anderen Form mit dem Sympathikus interferieren, führten in ersten Untersuchungen zu Beginn der 70er Jahre zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse und dabei vor allem des Hirnschlags. Daher wird zur Behandlung des hohen Blutdrucks von allen Guidelines nach Lifestyle-Massnahmen primär die Verwendung wirksamer Antihypertensiva empfohlen.

Renale Denervation

Aufgrund zahlreicher Tierversuche wurde klar, dass die sympathische Denervation der Nieren für die Langzeitblutdruckregulation eine wichtige Rolle spielt. So werden die Nieren mit afferenten und efferenten Nerven des Sympathikus versorgt (Figure 1). Dieser Feedback-Loop reguliert den renalen Plasmafluss, über Betarezeptoren in den juxtaglomerulären Zellen die Reninproduktion und damit die Aktivität des ReninAngiotensin-Aldosteronsystems und zuletzt die Wasserund Natriumreserption. Untersuchungen am Menschen durch Murray Esler in Australien wiesen dann nach, dass der renale Noradrenalin-Overflow (gemessen mit radioaktiv markierten Katecholaminen) vor allem bei jüngeren Patienten mit Hypertonie stark erhöht ist und, wenn auch weniger ausgeprägt, auch bei älteren Hypertonikern erhöht bleibt [5]. Experimentelle Untersuchungen zeigten schliesslich, dass der Noradrenalingehalt der Nieren nach chirurgischer Sympathektomie massiv reduziert werden kann.
Diese Überlegungen haben dazu veranlasst, mit Kathetertechnik zu versuchen, die Nierennerven zu zerstören und so eine Blutdrucksenkung bei therapieresistenter Hypertonie zu erreichen. Erste Studien von Schleich und Mitarbeitern aus Australien konnten bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie nachweisen, dass eine Radiofrequenzablation mit dem damals verfügbaren Ardian Symplicity Ablationskatheter (Figure 2) zu einer Verminderung des Noradrenalin-Spillovers in den Nieren, Verminderung des Gesamtnoradrenalin-Spillovers im Körper, zu einer verminderten Muskelsympathikusaktivität im Nervus peroneus und gleichzeitig zu einer bedeutenden Blutdrucksenkung führt [6].

Register und Trials

Das in der Folge publizierte erste Register SYMPLICITY HTN-1 ergab bei einer relativen geringen Anzahl von therapieresistenten Hypertonikern eine eindrückliche Blutdrucksenkung von rund 30/10 mmHg im Verlauf [7]. Auffallend war die langsame, doch anhaltende Blutdrucksenkung über Monate trotz gleichbleibender Antihypertensiva-Therapie. Dies wies darauf hin, dass es nach Nierennervenablation zu einem «Re-Setting» des afferenten/efferenten sympathischen Regelkreises (Figure 1) und damit zu einer langsamen und anhaltenden Blutdrucksenkung kommt. Weitere Register mit dem Symplicity-Katheter [8,9] und anderen Systemen [10] erhoben ähnliche Befunde. Diese Ergebnisse konnten eindrücklich in einer randomisierten Studie (SYMPLICITY HTN-2) bei rund 100 Patienten bestätigt werden [11] (Figure 3). In der Folge kam es zu einem regelrechten Boom in der Anwendung der Nierennervenablation bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie (Blutdruck >140/90 mmHg trotz drei Antihypertensiva einschliesslich eines Diuretikums), sowie zur Entwicklung zahlreicher neuer Ablationssysteme. Um so grösser war die Enttäuschung, dass die kürzlich im New England Journal of Medicine publizierte SYMPLICITY-HTN-3-Studie im Vergleich zu einer medikamentösen Therapie nach Nierennervenablation keine signifikant bessere Blutdrucksenkung mit dem Symplicity-Katheter bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie nachweisen konnte (Figure 3) [12].
Wie sind diese Daten zu interpretieren? Grundsätzlich gibt es folgende mögliche Folgerungen:
(a)
Die Nierennervenablation funktioniert nicht. Das ist die einfachste und von vielen, vor allem von USAmerikanern geteilte Meinung nach den Ergebnissen der SYMPLICITY HTN-3. Gewiss ist die Studie gut durchgeführt, mit doppelblindem Design und Sham-Operation sowie einer recht grossen Anzahl von Patienten.
(b)
Die Nierennervenablation mit dem Symplicity-Katheter funktioniert nicht. In der Tat gibt es zahlreiche neuere Systeme, so Ablationskörbe mit vier gleichzeitig anliegenden Ablationselektroden, Ablationsballone mit bipolarem Radiofrequenzablationssystem, Ultraschallkatheter und auch zuletzt Alkohol-Injektionssysteme. Ob die neueren Systeme besser wirken als das erste SymplicitySystem, sollte in zukünftigen Studien untersucht werden.
(c)
SYMPLICITY HTN-3 ist nicht konklusiv, und zwar aus folgenden Gründen:
-
Die Patientenpopulation ist unterschiedlich. So rekrutierte SYMPLICITY HTN-3 im Gegensatz zu den früheren Studien rund 25% Afro-Amerikaner, die bekanntermassen häufig eine Low-Reninund volumenabhängige Hypertonie aufweisen, welche möglicherweise schlechter auf die sympathische Denervation ansprecht.
-
Die Patienten in SYMPLICITY HTN-3 waren nicht stabilisiert. In der Tat kam es auch in der medikamentösen Gruppe, wahrscheinlich aufgrund der kurzen Run-in-Phase und kurz davor hoch dosierten Medikamenten, zu einem deutlichen Blutdruckabfall, der nur wenig geringer war als bei Patienten mit Nierennervenablation. Es ist bekannt, dass es nach Änderung der Dosierung und Zahl von Antihypertensiva bis zu 8 Wochen dauern kann, bis stabile Blutdruckwerte erreicht werden. Nur stabile Blutdruckwerte erlauben einen wirklichen Vergleich mit einer neuen Methode.
-
Die Patienten der SYMPLIICITY HTN-3 hatten über 5 Antihypertensiva, und entsprechend war es schwierig für eine neue Methode, eine zusätzliche deutliche bludrucksenkende Wirkung zu zeigen.
-
Interventionen wurden nicht sachgemäss durchgeführt. In der Tat haben 111 Operators in 88 Zentren bei 364 Patienten Nierennervenablationen durchgeführt. Damit haben die allermeisten Operators innerhalb der Studie zum ersten Mal einen, zwei oder drei solcher Eingriffe durchgeführt. Wenn sich der Eingriff durch erfahrene Interventionalisten auch in der Regel einfach gestaltet, besteht dennoch eine Lernkurve, insbesondere bei der spiraligen Applikation der Ablationspunkte, welche in dieser Form zwingend sind, um eine wirksame Nervenblockade zu erreichen.
Zusammenfassend wirft die SYMPLICITY HTN-3 Studie damit mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Entsprechend ist es von grosser Bedeutung, dass nun mit anderen Ablationssystemen und erfahrenen Operators mit einer genügend hohen Anzahl von Patienten weitere Studien laufen, um zu zeigen, ob eine Nierennervenablation, falls wirksam durchgeführt, tatsächlich mit einer erhebichen Blutdrucksenkung einhergeht.
Was im Moment zwingend fehlt, ist eine Methode, um festzustellen, ob die Nierennervenblockade auch erfolgreich durchgeführt wurde. Dies ist im Moment weder mit Imagingmethoden noch mit Funktionstests (ausser dem aufwendigen Noradrenalin-Spillover, das eine Verabreichung von radioaktivem Noradrenalin nötig macht) möglich. Weitere Forschung ist also zwingend notwendig; gleichzeitig muss vermieden werden, dass auch kleinere unselektionierte Zentren anfangen, eine Methode anzuwenden, die für universitäre und forschungsorientierte Zentren reserviert bleiben sollte, die diese noch zu evaluierende neue Methode qualitativ hochwertig innerhalb von Registern und Protokollen durchführen.

Funding/potential competing interests

Der Autor hat von Boston, Medtronic und St. Jude Forschungsgrants erhalten und von St. Jude Beratungshonorare.

References

  1. Shepherd, J.T.; Vanhoutte, P.M. The human cardiovascular system. New York: Raven Press, 1979.
  2. Lüscher, T.F.; Landmesser, W.; Wolfrum, M.; Noll, G.; Sudano, I. Renal sympathetic denervation. EuroPCR Textbook. Vol. III, Part III, p. 487–504. Paris, 2012.
  3. Smithwick, R.H.; Thompson, J.E. Splanchnicectomy for essential hypertension; results in 1,266 cases. JAMA. 1953, 152, 1501–1504. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  4. Burnier, M.; Vuignier, Y.; Wuerzner, G. State-of-the-art treatment of hypertension: established and new drugs. Eur Heart J. 2014, 35, 557–562. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed][Green Version]
  5. Esler, M. The sympathetic nervous system through the ages: from Thomas Willis to resistant hypertension. Exp Physiol. 2011, 96, 611–622. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  6. Schlaich, M.P.; Sobotka, P.A.; Krum, H.; Lambert, E.; Esler, M.D. Renal sympathetic-nerve ablation for uncontrolled hypertension. N Engl J Med. 2009, 361, 932–934. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  7. Krum, H.; Schlaich, M.P.; Sobotka, P.A.; Bohm, M.; Mahfoud, F.; Rocha-Singh, K.; et al. Percutaneous renal denervation in patients with treatmentresistant hypertension: final 3-year report of the Symplicity HTN-1 study. Lancet 2014, 383, 622–629. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  8. Mahfoud, F.; Ukena, C.; Schmieder, R.E.; Cremers, B.; Rump, L.C.; et al. Ambulatory blood pressure changes after renal sympathetic denervation in patients with resistant hypertension. Circulation 2013, 128, 132–140. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  9. Sudano, I.; Schoenenberger-Berzins, R.; Suter, P.M.; Roas, S.; Templin, C.; et al. Klinische Effekte der katheterbasierten Nieren nervenablation bei therapieresistenter Hypertonie. Cardiovasc Med. 2014, 17, 6. [Google Scholar]
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  11. Esler, M.D.; Krum, H.; Sobotka, P.A.; Schlaich, M.P.; Schmieder, R.E.; Bohm, M. Renal sympathetic denervation in patients with treatment-resistant hypertension (The Symplicity HTN-2 Trial): a randomised controlled trial. Lancet 2010, 376, 1903–1909. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  12. Bhatt, D.L.; Kandzari, D.E.; O’Neill, W.W.; D’Agostino, R.; Flack, J.M.; et al. A controlled trial of renal denervation for resistant hypertension. N Engl J Med. 2014, 370, 1393–1401. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
Figure 1. Sympathische Innervation der Nieren (modifiziert nach [2]).
Figure 1. Sympathische Innervation der Nieren (modifiziert nach [2]).
Cardiovascmed 17 00129 g001
Figure 2. Symplicity (Ardian) Single-Tip-Ablationskathter in der rechten Nierenarterie nach Ablation (Pfeil) mit sichtbarem Wandödem. Rechts sind mehrere Ablationsstellen sichtbar.
Figure 2. Symplicity (Ardian) Single-Tip-Ablationskathter in der rechten Nierenarterie nach Ablation (Pfeil) mit sichtbarem Wandödem. Rechts sind mehrere Ablationsstellen sichtbar.
Cardiovascmed 17 00129 g002
Figure 3. Senkung des Blutdrucks (in mmHg) 6 Monate nach Nierennervenablation in den drei Symplicity-HTN-Studien, in welchen der «Ardian Single Tip Katheter» verwendet wurde. (Nach: Lüschrer TF, Mahfoud F, Eur Heart J. 2014, first published online).
Figure 3. Senkung des Blutdrucks (in mmHg) 6 Monate nach Nierennervenablation in den drei Symplicity-HTN-Studien, in welchen der «Ardian Single Tip Katheter» verwendet wurde. (Nach: Lüschrer TF, Mahfoud F, Eur Heart J. 2014, first published online).
Cardiovascmed 17 00129 g003

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MDPI and ACS Style

Lüscher, T.F. Renale Denervation: Wie Weiter nach Symplicity HTN-3? Cardiovasc. Med. 2014, 17, 129. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00247

AMA Style

Lüscher TF. Renale Denervation: Wie Weiter nach Symplicity HTN-3? Cardiovascular Medicine. 2014; 17(5):129. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00247

Chicago/Turabian Style

Lüscher, Thomas F. 2014. "Renale Denervation: Wie Weiter nach Symplicity HTN-3?" Cardiovascular Medicine 17, no. 5: 129. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00247

APA Style

Lüscher, T. F. (2014). Renale Denervation: Wie Weiter nach Symplicity HTN-3? Cardiovascular Medicine, 17(5), 129. https://doi.org/10.4414/cvm.2014.00247

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