Walter Siegenthaler, früher Ordinarius für Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Poliklinik des UniversitätsSpitals Zürich, ist am Sonntag, dem 24. Oktober 2010, nach einer längeren Krankheit verschieden.
Walter Siegenthaler wurde 1923 geboren und hat in Zürich Medizin studiert und sich anschliessend als Assistenzarzt am Pathologischen Institut der Universität Zürich und in der Folge an der Medizinischen Klinik des UniversitätsSpitals Zürich weitergebildet. 1954 wurde er unter dem damaligen Chefarzt Prof. Robert Hegglin an der Medizinischen Klinik in St. Gallen Oberarzt. 1959 wechselte er mit seinem Chef Robert Hegglin in die Medizinische Poliklinik der Universität Zürich als Leitender Arzt und habilitierte sich 1961 für Innere Medizin. Danach folgte ein Forschungsaufenthalt an der Stanford University, Palo Alto, Kalifornien, und am Cornell Medical College Hospital, New York, im Bereich der hormonellen Blutdruckregulation.1965 wurde er nach seiner Rückkehr nach Zürich zum Titularprofessor für Innere Medizin und zwei Jahre später zum Extraordinarius ernannt. 1969 folgte er einem Ruf der Universität Bonn als Ordinarius und Direktor der Medizinischen Poliklinik. In diese Zeit fällt auch die erste Auflage der «Klinischen Pathophysiologie», einem vielgelesenen Lehrbuch zu den Entstehungsmechanismen verschiedener internistischer und neurologischer Erkrankungen. Nach dem unerwarteten Tod von Robert Hegglin wurde er 1971 als Ordinarius für Innere Medizin und Direktor der Medizinischen Poliklinik der Universität Zürich sowie Direktor des Departements für Innere Medizin an seine Alma Mater zurückberufen. 1974 übernahm er erstmals als Herausgeber die «Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten» von seinem Lehrer Robert Hegglin und baute das Lehrbuch zu einem Standardwerk für Medizinstudenten im gesamten deutschen Sprachraum aus. Ebenfalls in diese Zeit fiel der Ausbau verschiedener damaliger Subspezialitäten der Inneren Medizin wie der Kardiologie, Gastroenterologie, Pneumologie und anderer Fächer mehr. Bedeutende Mitarbeiter waren Hanspeter Krayenbühl, später Präsident der European Society of Cardiology und international bekannter Forscher im Bereich Hämodynamik von Herzerkrankungen, Andreas R. Grüntzig, der die Ballondilatation zunächst peripherer und später koronarer Gefässe entwickelte, und Alfred Bollinger, der die Angiologie als akademisches und klinisches Fach aufbaute, Peter Deyhle, ein Pionier der Endoskopie, und Wilhelm Vetter, der die Blutdruckforschung leitete. Walter Siegenthaler gründete zudem eine Abteilung für Infektionskrankheiten, welche durch seinen Mitarbeiter Ruedi Lüthi und vor allem mit der damals steigenden Zahl AIDS-Patienten stark ausgebaut wurde.
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1978 war Walter Siegenthaler zwei Jahre Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich und danach elf Jahre Präsident der Konferenz der Klinikdirektoren der Medizinischen Fakultät. Als besondere Ehre darf angesehen werden, dass er als Schweizer 1983 zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin gewählt und neun Jahre später zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Fortschritte der Inneren Medizin (Ludwig-Heimmeyer-Gesellschaft) ernannt wurde. Nach seiner Emeritierung war Walter Siegenthaler weiterhin aktiv als Herausgeber verschiedenster Auflagen der «Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten», als Präsident der interdisziplinären Sommerseminarwoche für Medizin in Davos und als Referent an zahlreichen Tagungen, Symposien und Kongressen. Weiter erhielt er von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg den Ehrendoktor für Medizin.
Herr Siegenthaler führte ein grosses Departement für Innere Medizin in einer Zeit, als sich viele Subspezialitäten zu eigenen Fachgebieten entwickelten und später dann auch zu selbständigen grossen Kliniken wurden wie die Kardiologie, Gastroenterologie u.a.m. Er förderte die wissenschaftliche Tätigkeit seiner Mitarbeiter und machte damit seine Klinik zu einer national und international hochzitierten Institution mit entsprechend hohem Ansehen. Viele seiner Mitarbeiter wurden später Ordinarien, Chefärzte und Leitende Ärzte an Institutionen im In- und Ausland. Vielen wird er auch als Lehrer in Erinnerung bleiben, so den ehemaligen Studenten aus den Vorlesungen und ehemaligen Mitarbeitern des UniversitätsSpitals Zürich als Leiter der vielbeachteten «Interdisziplinären Fallvorstellungen am Freitagabend».