Fallbeschreibung
Einer 80jährigen Patientin wurde wegen eines intermittierenden, symptomatischen AVBlocks 3. Grades sowie Sinusstillständen ein DDDR-Schrittmacher (Marathon™, Intermedics Inc., Angleton, Texas USA) implantiert. Nach der Implantation vermutete man aufgrund der telemetrischen Überwachung eine Schrittmacher-Dysfunktion: der EKG-Streifen zeigt eine vollständige Dissoziation von Vorhof und Ventrikel mit einem zweiten Pacemaker-Spike am Ende des QRS-Komplexes (Figure 1). Die derzeitige Schrittmacher-Programmierung kann Figure 2 entnommen werden. Mit dieser Information sollte die korrekte Diagnose gestellt werden können: Vorhofelektroden-Dislokation? Crosstalk? Anderes?
Figure 1.
EKG-Streifen der Telemetrie-Überwachung.
Figure 2.
Nominale Einstellung des DDD-Schrittmachers (Marathon™). Bemerkenswert ist die relativ hohe atriale Impulsamplitude sowie. die unipolare Pacingund Sensing-Konfiguration.
Kommentar
Beim ersten Blick könnte eine Vorhofelektroden-Dislokation in den rechten Ventrikel vermutet werden [], indem der erste Spike mit anschliessender ventrikulärer Depolarisation durch den atrialen Impuls und der zweite Spike, welcher 200 ms nach dem ersten Spike erfolgt entsprechend dem programmierten AVIntervall, durch den ventrikulären Stimulus hervorgerufen wird. Diese Vermutungsdiagnose wurde einerseits radiologisch, andererseits auch in Kenntnis der Funktionsweise von kommerziell erhältlichen Zweikammerschrittmacher-Systemen ausgeschlossen.
Prinzipiell besteht bei jedem Zweikammerschrittmacher die Möglichkeit der Wahrnehmung von Crosstalk-Signalen []. Crosstalk ist charakterisiert durch eine Inhibierung des ventrikulären Impulses, falls der Vorhofstimulus bzw. dessen Nachpotentiale im ventrikulären Wahrnehmungskanal sensiert werden. Crosstalk wird mehrheitlich beim Zusammentreffen einer Kombination von hoher atrialer Impulsamplitude, hoher ventrikulärer Empfindlichkeit sowie unipolarer Stimulationsund Sensing-Konfiguration beobachtet. Um eine durch Crosstalk inadäquate ventrikuläre Inhibierung zu vermeiden, besitzen Zweikammerschrittmacher die Möglichkeit einer ventrikulären Sicherheitsstimulation. Eventuell auftretende Signale, die im Crosstalk-Überwachungsintervall, welches sich direkt an die ventrikuläre Blanking-Periode anschliesst, wahrgenommen werden, lösen einen ventrikulären Sicherheitsstimulus aus, in unserem Schrittmachermodell aber 100 ms nach dem atrialen Stimulus.
Infolgedessen wurde nun eine eingehende Schrittmacherkontrolle durchgeführt. Beginnend auf Vorhofsebene betrug die atriale Sensing-Schwelle 12 mV. Um die atriale Reizschwelle zu messen, wurde der Schrittmacher in den AAI-Modus mit einer Frequenz von 70/min umprogrammiert. Ein Ausschnitt des atrialen Reizschwellentestes ist in Figure 3 dargestellt.
Figure 3.
EKG-Sequenz während des atrialen Reizschwellentests, bei dem der Schrittmacher im AAI-Modus 70/min programmiert war.
Nun ist das Problem offensichtlich: während der Implantation wurde die atriale Elektrode fälschlicherweise mit dem ventrikulären Anschluss und die ventrikuläre Elektrode mit dem atrialen Anschluss des Konnektors im Impulsgenerator verbunden.
References
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