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Cardiovascular Medicine is published by MDPI from Volume 28 Issue 1 (2025). Previous articles were published by another publisher in Open Access under a CC-BY (or CC-BY-NC-ND) licence, and they are hosted by MDPI on mdpi.com as a courtesy and upon agreement with Editores Medicorum Helveticorum (EMH).
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Abstract

Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, 27. 10. 2005

by
Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie
Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, Switzerland
Cardiovasc. Med. 2005, 8(9), 335; https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01125
Submission received: 30 June 2005 / Revised: 30 July 2005 / Accepted: 30 August 2005 / Published: 30 September 2005

Rehabilitation für die Praxis

Artur Bernardo, Gais/Paul Dubach, Chur

Hintergrund: Die Rehabilitation ist eine anerkannte Intervention bei Patienten mit kardialen Erkrankungen. Die Wichtigkeit der Durchführung von primär- und sekundärprophylaktischen Bemühungen in der Praxis ist bisher zu wenig hervorgehoben worden.
Ziele der kardialen Rehabilitation: Förderung einer regelmässigen körperlichen Aktivität und rigorose Kontrolle der übrigen kardiovaskulären Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Nikotinabusus, Lipidstoffwechselstörungen usw.) bei Patienten mit oder ohne bekannte KHK.
Durchführung: Die kardiale Rehabilitation im Sinne einer Sekundärprophylaxe ist initial in dafür spezialisierten Zentren stationär oder ambulant durchzuführen. Dies gilt besonders für Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion. Die dort initiierten Massnahmen sollen nach Möglichkeit zeitlebens fortgesetzt werden. Die Primärprophylaxe ist sinnvollerweise primär eine Domäne der Praxis. Ihr muss in Zukunft noch grössere Bedeutung beigemessen werden. Die körperliche Aktivität ist wichtigster Parameter der Rehabilitation. Es wird empfohlen, 3000–4000 Kcal/Woche durch Freizeitaktivität zu verbrennen. Das entspricht einer Distanz von ca. 30–35 km/Woche ebenerdig. Die Gehgeschwindigkeit hat auf den Kalorienverbrauch nur einen minimen Einfluss. Spezielle Anleitungen wie z.B. Pulskontrollen sind im allgemeinen nicht indiziert.
Schlussfolgerung: Veränderungen des Lebensstils (regelmässige Bewegung, Gewichtsreduktion, Diät usw.) haben auf Morbidität und Mortalität der KHK einen vergleichbaren Einfluss wie interventionelle Massnahmen. Primär- und sekundärprophylaktische Massnahmen müssen deshalb in Zukunft noch mehr in die therapeutischen Bemühungen der Praxistätigkeit einbezogen werden.

MRI und CT, Tools für den praktizierenden Kardiologen?

Peter Buser, Basel/Jürg Schwitter, Zürich

Die nicht-invasive bildgebende Diagnostik mittels Magnet-Resonanz (MR) und Mehrzeilen-Computer-Tomographie (MZCT) hat in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung erlebt – und zahlreiche grössere Studien, auch internationale Multizenter-Studien, lassen eine erste Bewertung der Methoden zu. Die Einsatzmöglichkeiten der neuen Verfahren sind vielfälltig. MRI weist einen hohen Stellenwert bei der Abklärung von Vitalität nach Infarkt auf, und ebenso bei Kardiomyopathien, Klappenvitien, kongenitalen Herzfehlern, Tumoren und neuerdings auch bei Myokarditiden. Im Referat soll aber vor allem der Einsatz von MR und MZCT bei der Abklärung der koronaren Herzkrankheit diskutiert werden. Aus zahlreichen Studien, v.a. aus der präinterventionellen Ära, wissen wir, dass die Koronarerkrankung schubweise durch rezidivierende Rupturen vulnerabler Plaques fortschreitet. Wie können vulnerable Plaques identifiziert werden, um sie zu behandeln, bevor eine Ruptur und Infarkt auftreten? Vulnerable Plaques sind charakterisiert durch ihre Komposition und einen hohen Stenosegrad, denn mit zunehmendem Stenosegrad steigt das Risiko für eine okkludierende Plaque-Ruptur stark an. Eine direkte Charakterisierung der Plaquekomponenten ist mit heutigen nicht-invasiven Techniken nicht zuverlässig möglich, jedoch sind hochgradige, hämodynamisch signifikante Koronarstenosen einer nicht-invasiven Diagnostik durch MR und MZCT zugänglich.
Mittels der MR-Perfusionsuntersuchung können ≥50% Durchmesser-Stenosen in Multizenter-Studien mit Sensitivitäten und Spezifitäten von 86–91%, bzw. 65–84% nachgewiesen werden. In «MR-Impact» (Magnetic Resonance Imaging for Myocardial Perfusion Assessment in Coronary Artery Disease Trial), der grössten bislang durchgeführten Multizenter-MR- und-SPECT-Studie, übertraf die MR-Perfusionsmethode die Szintigraphie (Sensitivität/Spezifität: 91%/67% für MR versus 74%/57% für die Single Photon Emission Computed Tomography). Die Herz-MR-Untersuchung weist folgende Vorteile auf: Eine hohe diagnostische Leistung ist durch Multizenter-Studien belegt, sie weist keine schädigende Strahlenbelastung auf und ist deshalb wiederholbar, sie ist sicher und dauert nur 1–1,5 Stunden. Eine gegenwärtige Limitation: Die Methode ist komplex in der Anwendung und die Qualität der Perfusionsdaten sind Untersucher-abhängig.
Für die MZCT-Koronar-Angiographie liegen noch keine Multizenter-Resultate vor. In Einzel-Zenter-Studien liegen die Sensitivitäten und Spezifitäten bei 82–95%, respektive 86–98%. Die MZCT-Untersuchung ist einfach in der Handhabung, dauert 15–30 Minuten und ist kostengünstig. Wegen der Strahlenbelastung scheint sie für ein Krankheits-Monitoring weniger geeignet.
In der industrialisierten Welt erreignen sich immer noch rund die Hälfte aller kardialen Todesfälle, bevor eine Katheter-Intervention durchgeführt werden kann (Statistik USA 2004), da häufig Patienten zu spät abgeklärt werden, d.h. oft erst bei Auftreten von Symptomen (re-aktive Strategie). Ziel einer aktiven Strategie ist es, durch Detektion der Hochrisiko-Patienten mittels moderner Verfahren bei diesen eine koronare Revaskularisation einzuleiten, noch bevor es zu einem potentiell tödlichen Infarkt kommt. Da die koronare Herzkrankheit chronisch verläuft, beinhaltet die aktive Strategie eine wiederholte Risiko-Stratifizierung (oder ein Krankheits-Monitoring). Neue Tools für den Kardiologen erscheinen unter diesem Gesichtspunkt dringend notwendig. Ein idealer Test für eine aktive Strategie sollte genau, nicht-schädlich, d.h. wiederholbar, und kostengünstig sein. Ein fundiertes Wissen um die Vor- und Nachteile der neuen Methoden und eine breitere Diskussion über deren Einsatz sollte es erlauben, in Zukunft eine aktive Strategie für das Management des Koronarpatienten zu realisieren.

Wen behandeln: Gesunde oder Kranke?

Reto Krapf, Bruderholz

Die letzten Jahre haben eine dramatische Veränderung des Informationsverhaltens gebracht. Der Wissenstransfer hat sich nämlich von der vom Arzt gesteuerten Suche nach Information zu einem automatischen oder sich aufdrängenden Liefern von medizinischer Information («Push-Strategie») verändert. Primäre Zielgruppen der «Push-Strategie» sind sogenannte «Opinionleaders», die Hausärzte als Verschreiber, zunehmend aber auch Patienten und sogar die Gesunden, welche im geschäftlichen Sinne als potentielle Patienten wahrgenommen werden. Durch die gesteuerte Information der Gesunden werden diese nicht nur über die Möglichkeit informiert, Risikofaktoren zu beeinflussen. Immer mehr beobachtet man, dass noch vor kurzem unter den Normalitätsbegriff fallende Symptome und Zeichen nicht nur als unangenehm, sondern offen als pathologisch und damit behandlungswürdig deklariert werden. Es kann nachgewiesen werden, dass diese «Push-Strategie» hin zu den eigentlich Gesunden zu einer Pathologisierung bzw. Medizinalisierung des Alltagslebens geführt hat. Direkte negative Folgen davon sind die Unzufriedenheit des Individuums (bzw. der ganzen Gesellschaft) mit einer anderweitig eigentlich noch nie gesehenen biologischen Fitness und Gesundheit sowie massiv gestiegenen Aufwendungen für die Gesundheit, vor allem im ambulanten Sektor.

Präventive Kardiologie der Zukunft

Thomas F. Lüscher, Zürich

Dass Vorbeugen besser ist als Heilen, ist eine Volksweisheit, welche schon früh auch in die Medizin eingegangen ist. Die Hygiene, wie sie sich im 19. Jahrhundert entwickelte, war der erste Schritt, um die damals häufigen Infektionskrankheiten zu verhindern. Heute, wo die häufigste Krankheits- und Todesursache Herzund Kreislauferkrankungen sind, stehen entsprechend diese Krankheiten im Vordergrund. Dabei waren präventive Massnahmen noch Mitte des letzten Jahrhunderts nicht möglich. So erkrankte Franklin D. Roosevelt, der Präsident der Vereinigten Staaten, während des 2. Weltkrieges an einer schweren Hypertonie, konnte nur mit der Kemper’schen Reisdiät behandelt werden, weil keine Antihypertensiva verfügbar waren. Entsprechend ist er nach der Yalta-Konferenz an einer tödlichen Hirnblutung verstorben. Nach dem 2. Weltkrieg wurden zunächst wenig verträgliche Antihypertensiva entwickelt und in den 1970er Jahren ihre positive Wirkung in bezug auf das Auftreten von Hirnschlag und Herzinfarkt dokumentiert. Heute verfügen wir mit den Diuretika, Kalzium-Antagonisten, Hemmern des Renin-Angiotensin-Systems und b-Blockern über wirksame, blutdrucksenkende Medikamente, welche das Auftreten des Hirnschlags um etwa die Hälfte und das Auftreten von Herzinfarkt um etwa einen Fünftel vermindern. Bei Patienten mit gut eingestellten Blutdruckwerten konnte auch gezeigt werden, dass die zusätzliche Gabe von Aspirin das Auftreten von Hirnschlägen noch weiter reduziert.
Obschon ein erhöhtes Cholesterin schon bald als Risikofaktor für das Auftreten eines Herzinfarktes erkannt wurde, war eine wirksame Behandlung bis vor kurzem nicht möglich. Die Fibrate ergaben vor allem auch in Langzeitstudien unterschiedliche Ergebnisse; erst die Einführung der Statine Ende der 1980er Jahre und der Nachweis ihrer präventiven Wirkung brachte die Wende. In der 4S-Studie konnte zunächst bei Patienten nach Herzinfarkt eine rund 30% Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse unter einer Statin-Therapie gezeigt werden, danach folgten zahlreiche Untersuchungen bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit, bei Diabetikern und schliesslich auch bei Hypertonikern. Heute sind die Statine, die mit Abstand wirksamsten präventiven Medikamente über die wir bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit verfügen. Die Statine senken vor allem das LDL-Cholesterin, welches eine starke atherogene Wirkung zeigt, während das protektive HDL-Cholesterin wenig oder gar nicht beeinflusst wird. Entsprechend zielen die heutigen Bestrebungen dahin, Medikamente zu entwikkeln, welche HDL selektiv erhöhen. Obschon Fibrate und auch Niacin das HDL erhöhen, sind die neuen CETP (Cholesterol-Ester-Transfer-Protein)-Inhibitoren zum Teil deutlich wirksamer. Ihre präventive Wirkung auf klinische Ereignisse bedarf aber noch der Dokumentation.
Für das Auftreten eines Herzinfarktes istdie Bildung eines intravasalen Gerinnsels zwingend. Entsprechend wurden Medikamente entwickelt, welche die Gerinnung und/oder die Thrombozyten beeinflussen. Obschon Aspirin bereits seit über 100 Jahren als Fieber- und Schmerzmittel bekannt war, wurden seine Thrombozyten-hemmenden Wirkungen erst vor 40 Jahren entdeckt. Aspirin senkt bei gesunden Männern über 50 Jahren das Herzinfarktrisiko und bei gesunden Frauen über 60 Jahren das Hirnschlagrisiko. Nach Herzinfarkt oder Hirnschlag wird ebenfalls die klinische Ereignisrate deutlich vermindert. Clopidogrel ist ein weiterer Thrombozytenhemmer, dessen präventive Wirkungen nach Katheterinterventionen an den Herzkranzgefässen und nach akutem Koronarsyndrom gut dokumentiert ist. In der Regel werden aber nur Hochrisiko-Patiententen (mit Ausnahme von Patienten, welche einen Stent erhalten haben), vor allem solche mit multiplem Befall auch in den peripheren und Hirngefässen, für eine Langzeittherapie vorgesehen.
Der prognostisch bedeutsamste Risikofaktor ist Diabetes, welcher die klinische Ereignisrate bei Frauen verdoppelt und bei Männern um etwa einen Drittel erhöht. Typisch ist der diffuse Befall auch kleinerer Herzkranzgefässe sowie auch der peripheren Beinarterien. Diabetiker leiden häufig unter einer Hypertonie und Dyslipidämie; eine Behandlung dieser Risikofaktoren vermindert das kardiovaskuläre Risiko bei diesen Patienten erheblich. Umgekehrt konnten bisher mit konventioneller Diabetestherapie nur geringe Wirkungen auf Herzinfarkt und Hirnschlag nachgewiesen werden. Grosse Studien mit den neuen PPAR-g-Agonisten laufen.
Die Verhütung des plötzlichen Herztodes wurde früher vor allem mit pharmakologischen Massnahmen angestrebt; zahlreiche Studien haben aber gezeigt, dass damit wenig erreicht werden kann oder sich mit bestimmten Medikamenten sogar die plötzliche Herztod-Rate erhöht. Entsprechend wird heute mehr Wert auf die Revaskularisation bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und gegebenenfalls nach grossen Infarkten mit breiten QRS-Komplexen eine Implantation eines Cardioverter-Defibrillators (ICD) erwogen.
Zusammenfassend konnten in den letzten 50 Jahren im Bereich der präventiven Kardiologie enorme Leistungen erreicht werden. Neue Medikamente werden im Moment bei verschiedenen Indikationen getestet und könnten eine weitere Verbesserung bringen. Der Beitrag des Patienten allerdings ist ebenso wichtig, so insbesondere regelmässige körperliche Aktivität, Nikotin-Abstinenz und mediterrane Ernährung.

Was muss der Kardiologe von Zytostatika wissen?

Thomas M. Suter, Bern

Mit Zytostatika behandelte Krebspatienten haben ein wesentliches Risiko, kardiovaskuläre Nebenwirkungen dieser Therapie zu erleiden. Die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen nimmt zu, da (1.) die onkologischen Therapien zunehmend erfolgreich sind und Krebspatienten auch mit fortgeschrittener Erkrankung länger überleben, (2.) hämatologische Nebenwirkungen der Zytostatika, die früher therapielimitierend waren, mit modernen Medikamenten besser kontrolliert werden und somit höhere Dosen von Zytostatika verabreicht werden können und (3.) die Patienten zunehmend älter werden und somit häufiger kardiovaskuläre Vorerkrankungen haben, die wiederum das Risiko einer Zytostatika-induzierten, kardialen Nebenwirkung erhöhen.
Die typischen kardiovaskulären Nebenwir-kungen von Zytostatika sind (1.) Störungen der myokardialen Kontraktilität mit diastolischer und systolischer Dysfunktion und allenfalls konsekutiver Herzinsuffizienz, (2.) Arrhythmien, die aber häufig nur in der Frühphase einer zytostatischen Behandlung auftreten und gut behandelbar sind, (3.) Vasokonstriktion von kleinen und mittleren Gefässen, die zu Angina pectoris und Myokardinfarkten führen kann und (4.) selten eine hämorrhagische Myokarditis. Die meisten dieser Nebenwirkungen sind Zytostatika-spezifisch und treten nur bei Verwendung der entsprechenden Chemotherapeutika auf.
Prognostisch am wichtigsten ist heute die Anthrazyklin-Kardiotoxizität. Die in der Schweiz am meisten verwendeten Anthrazykline sind Doxorubizin und Epirubizin, die dosisabhängig neben Arrhythmien und Perimyokarditis zu der klinisch wichtigen Herzinsuffizienz auch noch Jahre nach der Zytostatika-Behandlung führen können. Neuere Daten zeigen, dass das Risiko von Doxorubizin-induzierter Kardiomyopathie unterschätzt wurde. Ist man vor einigen Jahren noch davon ausgegangen, dass die kumulative Dosis von 550 mg/m2 Doxorubizin bei 5% der Patienten zu einer Kardiomyopathie führt, zeigen neuere Daten, dass bereits 400 mg/m2 ein entsprechendes Risiko beinhalten und die kumulativen Dosis von 550 mg/m2 bei einem Viertel der Patienten eine Kardiomyopathie verursacht. Neuere galenische Formen (liposomales Doxorubizin, Caelyx®) oder Chelatoren (Dexrazoxan) können die Kardiotoxizität von Anthrazyklinen bei gleicher Effektivität vermindern, sind aber teuer oder in der Schweiz nicht zugelassen. Frühes Erkennen der Anthrazyklin-induzierten Kardiotoxizität ist wichtig, weil diese Patienten verglichen zu Kardiomyopathien anderer Ätiologie eine ungünstigere Prognose haben. Verschiedene Parameter wie Troponin- oder BNP-Anstieg wurden für die Frühdiagnostik vorgeschlagen, sind aber noch nicht etabliert. Die Abnahme der systolischen Funktion (Abnahme LVEF >20% oder >10% bei LVEF <50%) wird häufig als Zeichen der beginnenden Anthrazylin-Kardiotoxizität akzeptiert. Patienten mit Anthrazyklin-induzierter systolischer Dysfunktion sollten aus prognostischen Gründen aggressiv mit ACE-Hemmern und Betablockern behandelt werden, auch wenn die Evidenz hierfür nur begrenzt ist.
Trastuzumab (Herceptin®) ist eine Antikörper-Therapie, die seit einigen Jahren bei der Behandlung von HER2-positiven, metastasierenden Mammakarzinomen mit Erfolg eingesetzt wird. Im Frühsommer 2005 präsentierte Daten zeigen zudem, dass diese Therapie auch adjuvant beim HER2-positiven Mammakarzinom sehr gute Erfolge hat und es ist davon auszugehen, dass diese Therapie in naher Zukunft stark zunehmen wird. Herceptin® alleine hat wahrscheinlich keine wesentlichen kardiovaskulären Nebenwirkungen, wird aber meist nach einer Behandlung mit Anthrazyklinen oder in Kombination mit Taxanen (Placlitaxel, Taxol® und Docetaxel, Taxoter®) verwendet. Dabei kann es zu einer Herceptin®-induzierten schweren systolischen Dysfunktion kommen, die vereinzelt auch zu Todesfällen geführt hat. Risikofaktoren für eine Herceptin®-induzierte Kardiomyopathie scheinen die Dosis einer vorangegangenen Anthrazyklin-Therapie, das Alter und bereits bestehende, kardiovaskuläre Erkrankungen zu sein. Wahrscheinlich ist die Herceptin®-induzierte Kardiomyopathie nach Absetzen der Medikation oder möglicherweise bereits bei gleichzeitigem Verwenden von ACE-Hemmern und Betablockern reversibel oder mindestens nicht progressiv.
Weitere potenziell kardiotoxische Zytostatika sind Fluorouracil (5-FU, Efudix®), Taxane (Placlitaxel, Taxol® und Docetaxel, Taxoter®) und Cyclophosphamid (Endoxan®). 5-FU kann bei Verabreichung zu einer Vasokonstriktion mit Myokardischämie bis hin zum Myokardinfarkt führen, hat aber abgesehen von diesem Akuteffekt keine Langzeit-Kardiotoxizität. Die Taxane wurden früher mit (bradykarden) Rhythmusstörungen in Zusammenhang gebracht, scheinen aber aufgrund neuerer Daten bei Kombination mit Herceptin® auch einen negativen Effekt auf die myokardiale Kontraktilität zu haben (vgl. oben). Cyclophosphamid kann zu einer akuten hämorrhagischen Myokarditis führen, scheint aber abgesehen davon ebenfalls keine weiteren kardiovaskulären Langzeit-Nebenwirkungen zu haben. Bei den neueren monoklonalen Antikörpern wie Alemtuzumab (MabCampath®), die zur Behandlung von Leukämien eingesetzt werden, wurden vereinzelt ebenfalls kardiotoxische Effekte beschrieben.
Neuere, sich in Entwicklung befindende Zytostatika dürften vor allem dann kardiotoxische Nebenwirkungen haben, wenn diese die gleichen Signalwege wie Herceptin® inhibieren. Diese Zytostatika umfassen monoklonale Antikörper oder Tyrosinkinase-Inhibitoren gegen den HER2/erbB2-Rezeptor und Inhibitoren des RAS/RAF/MAPK-Signalweges. Diese neuen, molekularen Zytostatika-Therapien sind für die Bekämpfung von malignen Zellen erfolgversprechend und werden eine neue Ära in der onkologischen Therapie einläuten. Sie inhibieren aber genau diese Signalwege, die in im Myokard einen protektiven Effekt zu haben scheinen.

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MDPI and ACS Style

für Kardiologie, S.G. Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, 27. 10. 2005. Cardiovasc. Med. 2005, 8, 335. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01125

AMA Style

für Kardiologie SG. Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, 27. 10. 2005. Cardiovascular Medicine. 2005; 8(9):335. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01125

Chicago/Turabian Style

für Kardiologie, Schweizerische Gesellschaft. 2005. "Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, 27. 10. 2005" Cardiovascular Medicine 8, no. 9: 335. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01125

APA Style

für Kardiologie, S. G. (2005). Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Bern, 27. 10. 2005. Cardiovascular Medicine, 8(9), 335. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01125

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