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Editorial

«My Brain Is My Second Favourite Organ»

by
Thomas F. Lüscher
HerzKreislauf Zentrum, Kardiologie, UniversitätsSpital Zürich, Zurich, Switzerland
Cardiovasc. Med. 2005, 8(7), 267; https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01114
Submission received: 31 May 2005 / Revised: 30 June 2005 / Accepted: 31 July 2005 / Published: 31 August 2005
Woody Allens’Weisheit – wohl nicht ganz so gemeint wie hier verwendet – trifft das Thema dieses Bandes. Die Karotis oder Halsschlagader gehört nicht gerade zum Herzen, doch ist sie ihm nahe verwandt. Der Herzinfarkt, Ausdruck einer Plaque-Ruptur oder einer Erosion in der Koronarzirkulation, führt zwar immer noch die Liste der häufigsten Todes- und Krankheitsursachen in westlichen Ländern an, doch folgt ihm der Hirnschlag unmittelbar [1]. Die Arteria carotis communis und ihre Äste, so insbesondere die Arteria carotis interna bilden das wichtigste blutzuführende System des Hirnkreislaufes. Entsprechend sind Erkrankungen dieser Gefässe zu einem wesentlichen Teil für transiente ischämische Attacken (TIA) und Hirnschlag verantwortlich. Wie in den Koronararterien ist es vor allem die Arteriosklerose, welche die Karotiden befällt und durch Plaque-Bildung, Einengung und / oder Verschluss oder durch Embolien aus rupturierten Erosionen neurologische Ausfälle nach sich zieht. Andere Erkrankungen wie die fibromuskuläre Dysplasie oder die Karotis-Dissektion sind selten [2].
Entsprechend der ähnlichen Genese der koronaren Herzkrankheit und Veränderungen der Karotiden gleichen sich auch die Diagnostik und Therapie. Der Vorteil der Karotiden ist ihre oberflächliche anatomische Lage, welche es erlaubt, sie mittels Ultraschall einfach und präzise einzusehen. Dies hat die Abklärung von Karotiserkrankungen stark vereinfacht. In einem ersten Beitrag in diesem Heft fasst Rolf Baumgartner aus Zürich den heutigen Stand der Abklärungen von Karotisstenose und -verschluss zusammen [3].
Die Behandlung der Karotisstenose richtet sich zunächst nach ihren Ursachen, insbesondere den Risikofaktoren Hypertonie, Hypercholesterinämie und Diabetes mellitus. Der hohe Blutdruck gehört zu den wichtigsten Risikofaktoren des Hirnschlags [4] und verändert sämtliche Gefässe des arteriellen Kreislaufs, darunter auch die Karotiden, aber ebenso intrazerebrale Gefässe. Der diastolische gleich wie der systolische Blutdruck korrelieren sehr eng mit dem Auftreten von Hirnschlägen [4] und dies in einem viel stärkeren Masse als der Herzinfarkt. Neben dem Alter selber ist daher die Blutdruckhöhe eines Patienten der wichtigste Risikofaktor für Hirnschläge. Die Karotisstenose ist dabei nur eine Konsequenz dieses Prozesses; Verdickungen des Intima-Media-Verhältnisses, welches mit Ultraschall einfach erfasst werden kann, lassen sich jedoch bei fast allen Hypertoniepatienten nachweisen. Die antihypertensive Therapie vermindert das Risiko eines Hirnschlages um etwa 50% und stellt damit eine der wichtigsten präventiven Massnahmen in diesem Bereich dar [5]. Die Wirkung der Cholesterinsenkung auf das Auftreten von Hirnschlägen ist weniger klar. Die meisten Interventionsstudien mit Statinen haben aber, mit Ausnahme der PROSPER-Studie bei über 70jährigen Patienten, eine Verminderung des Endpunktes Hirnschlag ergeben [6]. Da sowohl bei Embolisationen aus rupturierten Plaques von Karotis-Läsionen wie auch beim Verschluss des Gefässes Thrombozyten eine wichtige Rolle spielen, überrascht es nicht, dass Aspirin ebenso wie Clopidogrel das Auftreten von transienten ischämischen Attacken und Hirnschlägen vermindern [7,8,9,10]. Die medikamentösen Massnahmen bei der Betreuung zerebrovaskulärer Patienten sind übersichtlich von Liliane Kappeler et al. aus Bern in diesem ersten Heft zur Karotis zusammengefasst [11].
Die Behandlung der Karotisstenose selber war bis vor kurzem der Chirurgie vorbehalten. In der Tat weist die Endarteriektomie hervorragende Ergebnisse auf und verfügt über Daten zum Langzeitverlauf. Obschon die perkutane Ballondilatation an grossen Gefässen wie der Arteria iliaca und Arteria femoralis superior durch Andreas Grüntzig entwickelt wurde, hat sich nach einigen anfänglichen Versuchen die interventionelle Therapie der Karotisstenose zunächst nicht durchgesetzt. Limitierend war dabei vor allem die Gefahr der Embolisierung in kleine Hirngefässe mit entsprechenden neurologischen Ausfällen. Daran hat auch das Stenting nichts geändert, im Gegenteil war damit noch vermehrt mit distalen Embolisationen zu rechnen. Mit der Entwicklung der so genannten Embolieschutzgeräte, wie Filter und Verschlussballone (PercuSurge-Draht™) konnte dieses Problem gelöst werden. Aufgrund der Verfügbarkeit dieser distalen Embolisationsgeräte hat das Karotis-Stenting einen enormen Aufschwung genommen. Mit dem ersten grossen randomisierten Trial, dem SAPPHIRE-Trial, welches 2003 im New England Journal of Medicine erschien [12], konnte sich das Karotis-Stenting erstmals in der etablierten Methode der Endarteriektomie vergleichen. Überraschenderweise zeigte sich dabei, dass der kombinierte Endpunkt von Hirnschlag und Myokardinfarkt in der Stenting-Gruppe signifikant weniger häufig auftrat als in der chirurgisch behandelten Gruppe [12]. Da es sich hierbei vor allem um Hochrisiko-Patienten für die Chirurgie handelte, stellte sich natürlich als nächstes die Frage, ob sich diese Ergebnisse auch auf weniger komplexe Patienten übertragen lassen. Diese Frage bleibt bisher unbeantwortet, entsprechende Multizenter-Studien laufen aber. Die klinische Erfahrung vieler Zentren ist dennoch verfügbar; dabei zeigen sich vergleichbar gute Ergebnisse des Karotis-Stentings auch in dieser Patientengruppe. Jedoch bleibt eine Kontroverse in diesem Bereich bestehen, die in diesem Heft entsprechend Gewicht erhält. Im zweiten im Oktober erscheinenden Heft der Kardiovaskulären Medizin zur Karotis berichtet Marco Roffi aus Zürich über die Behandlung der Karotisstenose aus der Sicht des Interventionalisten [13] und anschliessend ist ein zweiter Beitrag von Luigi Mariani aus Bern vorgesehen, welcher die Sicht des Chirurgen [14] darstellt.
Wir hoffen, mit unseren zwei Themenheften zur Karotis den in der Praxis und im Spital tätigen Kollegen eine praktisch relevante Übersicht zu diesem Thema vermitteln zu können. Die Karotis ist bedeutsamer geworden und verdient daher unsere Beachtung. Das Gehirn bzw. die versorgenden Arterien sind damit für Kardiologen und Angiologen zum «second favourite organ» geworden, für die Neurologen und Chirurgen bleibt es das zentrale. Für alle klinisch tätigen Ärzte ist es wichtig zu wissen, dass die Möglichkeit der Abklärung und Behandlung von Karotiserkrankungen heute so wirksam geworden sind, dass wir es dem Patienten schuldig sind, alles Verfügbare darüber zu wissen.

References

  1. Euro.who.int. [homepage on the Internet]: Teil 1: Die gesundheitliche Lage in der europäischen Region 2002. Lebenserwartung und Sterblichkeit. Website: http:// www.euro.who.int/document/ehr/e76907gc.pdf.
  2. Lüscher, T.F.; Lie, J.T.; Stanson, A.W.; Houser, O.W.; Hollier, L.H.; Sheps, S.G. Arterial fibromuscular dysplasia. Mayo Clin Proc 1987, 62, 931–952. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  3. Baumgartner, R.W. Abklärung von Karotisstenose und -verschluss. Kardiovaskuläre Medizin 2005, 8, 270–278. [Google Scholar]
  4. Kannel, W.B.; Wolf, P.A.; Verter, J.; McNamara, P.M. Epidemiologic assessment of the role of blood pressure in stroke: the Framingham Study. 1970. JAMA 1996, 276, 1269–1278. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
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  6. Shepherd, J.; Blauw, G.J.; Murphy, M.B.; Bollen, E.L.; Buckley, B.M.; Cobbe, S.M.; et al. Pravastatin in elderly individuals at risk of vascular disease (PROSPER): a randomised controlled trial. Lancet 2002, 360, 1623–1630. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
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  8. CAREtrial Sacks, F.M.; Pfeffer, M.A.; Moye, L.A.; Rouleau, J.L.; Rutherford, J.D.; Cole, T.G.; et al. The Cholesterol and Recurrent Events Trial Investigators. The effect of pravastatin on coronary events after myocardial infarction in patients with average cholesterol levels. N Engl J Med 1996, 335, 1001–1009. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  9. CURE trial. The Clopidogrel in Unstable Angina to Prevent Recurrent Events Trial Investigators. Effects of clopidogrel in addition to aspirin in patients with acute coronary syndromes without ST-segment elevation. N Engl J Med 2001, 345, 494–502. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  10. LIPIDtrial: White, H.D.; Simes, R.J.; Anderson, N.E.; Hankey, G.J.; Watson, J.D.G.; Hunt, D.; et al. Pravastatin therapy and the risk of stroke. N Engl J Med 2000, 343, 317–326. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  11. Kappeler, L.; Keserue, B.; Fischer, U.; Mattle, H.P. Medikamentöse Massnahmen bei der Betreuung zerebrovaskulärer Patienten. Kardiovaskuläre Medizin 2005, 8, 279–289. [Google Scholar]
  12. Yadav, J.S.; Wholey, M.H.; Kuntz, R.E.; Fayad, P.; Katzen, B.T.; Mishkel, G.J.; et al. and the Stenting and Angioplasty with Protection in Patients at High Risk for Endarterectomy Investigators. Protected carotid-artery stenting versus endarterectomy in high-risk patients. N Engl J Med 2004, 351, 1493–1501. [Google Scholar] [CrossRef] [PubMed]
  13. Roffi, M.; Eberli, F.R. Die Behandlung der Karotis-Stenose aus der Sicht des Interventionalisten. Kardiovaskuläre Medizin 2005, 8. (im Druck). [Google Scholar]
  14. Mariani, L.; Barth, A. Die Behandlung der Karotis-Stenose: die Sicht des Mikrochirurgen. Kardiovaskuläre Medizin 2005, 8. (im Druck). [Google Scholar]

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Lüscher, T.F. «My Brain Is My Second Favourite Organ». Cardiovasc. Med. 2005, 8, 267. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01114

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Lüscher TF. «My Brain Is My Second Favourite Organ». Cardiovascular Medicine. 2005; 8(7):267. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01114

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Lüscher, Thomas F. 2005. "«My Brain Is My Second Favourite Organ»" Cardiovascular Medicine 8, no. 7: 267. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01114

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Lüscher, T. F. (2005). «My Brain Is My Second Favourite Organ». Cardiovascular Medicine, 8(7), 267. https://doi.org/10.4414/cvm.2005.01114

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