Zusammenfassung
Hintergrund:Im Rahmen der PROVE IT-TIMI 22-Studie wurde verglichen, welche Auswirkungen bei Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom eine Therapie mit 40 mg/Tag Pravastatin (Ziel: Standardmässige Senkung des Low Density Lipoproteins (LDL) auf 100 mg/dl bzw. 2,6 mmol/L) im Vergleich zu einer intensivierten Lipid-Senkung mit 80 mg/Tag Atorvastatin (Ziel: Senkung auf 70 mg/dl bzw. 1,8 mmol/L) hat. Bei Patienten mit der intensiveren Statin-Therapie mit Atorvastatin 80 mg/Tag wurde ein grösserer Schutz vor Tod oder einem grösseren kardiovaskulären Ereignis beobachtet (–25%), als bei Patienten unter Pravastatin 40 mg/Tag. Die Evidenz des in der PROVE IT-Studie belegten klinischen Nutzens von Atorvastatin in einer intensivierten Dosis von 80 mg/Tag bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) ist Anlass, die Kosten-Effektivität der Sekundärprävention in dieser Population und für dieses Behandlungsschema für die Schweiz zu kalkulieren.
Patienten und Methoden: Die KostenEffektivität von Atorvastatin in der Sekundärprävention wurde auf der Grundlage der Ergebnisse der PROVE IT-Studie untersucht und auf das schweizerische Gesundheits-system aus der Perspektive der Kostenträger mittels einer inkrementalen Kosten-Effektivitäts-Analyse übertragen. Die Effektivität wurde als gewonnene Lebensjahre ausgedrückt und mittels einer epidemiologischen Modellierung berechnet. Kosten und Effektivität wurden mit einer univariaten Sensitivitätsanalyse überprüft.
Resultate: Die durch die Therapie mit Atorvastatin zusätzlich gewonnenen Lebensjahre im Vergleich zu Pravastatin betragen 0,123 Jahre pro Patient. Die abgeleitete Kosteneffektivität der Atorvastatin-Behandlung in der Schweiz beträgt CHF 3075 (Euro 1997) pro gewonnenes Lebensjahr. Die Kosten gegenüber einer Therapie mit Pravastatin betragen pro Patient unter der Therapie mit Atorvastatin diskontiert CHF 380 (Euro 247). Würde jährlich die Hälfte aller Patienten mit akutem Koronarsyndrom eine intensive LipidSenkung mit Atorvastatin 80 mg/Tag anstelle einer konventionellen Dosierung mit Pravastatin 40 mg/Tag erhalten, würden jährlich in der Schweiz 68 Menschenleben mit 1120 Lebensjahren gerettet.
Schlussfolgerung: Der Einsatz einer intensiven Lipid-Senkung mit Atorvastatin bei Patienten nach einem akuten koronaren Ereignis ist in der Schweiz als kosteneffizient zu bezeichnen.
Key words: Kosten-Effektivität; akute koronare Herzkrankheit; HMG-CoA-Reduktase-Hemmer; Atorvastatin
Hintergrund
Kardiovaskuläre Erkrankungen erfordern im Falle ihres Eintretens einen enormen Ressourcen-Anspruch. Von besonderer gesundheitsökonomischer Relevanz sind daher heute alle jene Statin-Studien, die einen ökonomischen Nutzen einer Statin-Behandlung nahelegen [
1,
2,
3,
4,
5,
6] und die konsequenterweise einen Ressourcen-Anspruch bei der Umsetzung ihres wissenschaftlich gesicherten Präventionspotentials auslösen.
In der Schweiz leiden schätzungsweise 150000 Patienten (ca. 2% der Bevölkerung) an einer koronaren Herzkrankheit [
7]. Kardiovaskuläre Erkrankungen gehören in der Schweiz mit einem Anteil von rund der Hälfte aller Todesursachen wie in anderen Industrienationen zu den häufigsten Todesursachen [
8]. Die koronare Herzkrankheit (KHK) bedeutet für das Schweizer Gesundheitssystem eine enorme ökonomische Belastung und verursachte beispielsweise für das Jahr 1993 Kosten von CHF 2,1 Mia. Adjustiert für das Jahr 2004 dürften die Kosten inzwischen auf einen Betrag von CHF 2,9 Mia. angewachsen sein und belegen damit die Wichtigkeit ökonomisch sinnvoller Präventionskampagnen und Therapieansätze zur Behandlung der KHK [
9].
Statine stellen einen grossen Fortschritt im Risikomanagement von Patienten mit koronarem Risiko und KHK dar, wie eine grosse Zahl von randomisierten, kontrollierten klinischen Studien zur Wirksamkeit dieser Substanzklasse in der koronaren Primär- und Sekundärprävention belegen [
1,
2,
3,
4,
5,
6].
Konsequenterweise folgte eine Vielzahl von Untersuchungen, welche die Statin-Studien im Hinblick auf ihre Einsparpotentiale evaluierten und neu berechneten. Die KostenEffektivität von Statinen wurde sowohl im Hinblick auf die ursprüngliche Studienpopulation [
10,
11,
12] ermittelt, als auch auf die Verhältnisse in der Schweiz übertragen [
13,
14,
15]. Atorvastatin ist ein potentes Statin und deshalb wurde dessen Wirtschaftlichkeit bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit bereits auf der Basis von Studien wie CURVES [
16] und ACCESS [
17] sowie einer weiteren kürzlich publizierten Arbeit [
18] gezeigt. Auch wurde die Wirtschaftlichkeit von Atorvastatin im Rahmen der ASCOT-Studie aus Schweizer [
19] und deutscher [
20] Sicht kürzlich analysiert.
In der vorliegenden Studie wurde auf der Basis der Daten der PROVE IT-TIMI 22 (
Pravastatin
or Ator
vastatin
Evaluation and
Infection
Therapy-
Thrombosis
In
Myocardial
Infarction 22)-Studie berechnet, ob die intensive Therapie mit Atorvastatin in der Schweiz kosteneffektiv ist. Die Ergebnisse der Studie, die im folgenden nur noch abgekürzt PROVE IT heisst, wurden kürzlich publiziert [
21]. Diese sekundärpräventive Studie zeigt erstmalig in einer direkten Vergleichsstudie zweier Statine (erstmalig ist der Vergleich zu einem anderen Statin und nicht Plazebo, den klinischen Nutzen bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) wurde mit Atorvastatin ja bereits in der MIRACL-Studie gezeigt, ist also mit PROVE IT nicht erstmalig, hingegen zeigt PROVE IT erstmalig den klinischen Nutzen einer intensivierten Statin-Therapie zweier Statine im Direktvergleich und zwar in der höchsten in der Schweiz zugelassenen Dosierung bei Patienten nach einem akuten Koronarereignis.
Methodologische Grundlagen
Die vorliegende Untersuchung entspricht einer retrospektiven Analyse. Die Daten der bereits veröffentlichten PROVE IT-Studie (Tab. 1) wurden als Grundlagen zur Ermittlung der Kosten-Effektivität herangezogen. Wir verweisen auf eine ausführliche Darstellung des Studien-Designs der PROVE IT-Studie [
22].
Ein kurzer Vergleich der Eintrittswahrscheinlichkeiten einiger besonders kostenrelevanter klinischer Ergebnisse in der Atorvastatin- und der Pravastatin-Gruppe ist Tabelle 2 zu entnehmen. Der Beobachtungszeitraum sowie die Anzahl der Patienten entsprechen ebenfalls der PROVE IT-Studie.
Den Endpunkt der Kosten-Effektivitäts-Analyse der Atorvastatin-Therapie bilden die Kosten pro gerettetes Lebensjahr in der Schweiz.
Kosten und Effektivität
Kosten
In die Ermittlung der Gesamtkosten der jeweiligen Therapiegruppe (Atorvastatin bzw. Pravastatin) wurden drei direkt feststellbare Kostengruppen einbezogen (Tab. 3): (1.) die Medikationskosten für Atorvastatin entsprechend der in der PROVE IT-Studie verwendeten Dosierung, (2.) die akuten Kosten eines Myokardinfarktes, (3.) die akuten Kosten einer Revaskularisierung und (4.) die Kosten einer Hospitalisierung infolge einer instabilen Angina pectoris. Die Perspektive der ökonomischen Untersuchung bezieht sich auf diejenige der Krankenversicherer. Die indirekten und intangiblen Kosten (z.B. infolge Arbeitsausfallzeiten, Schmerz oder Verlust an Lebensqualität) wurden deshalb in die vorliegende Berechnung nicht einbezogen.
Die Therapiekosten für Atorvastatin (und Pravastatin) wurden anhand des Apothekenverkaufspreises bzw. den Angaben des Schweizerischen Arzneimittelkompendiums von 2004 berechnet. Unter Verwendung der grössten verfügbaren Packung sowie einer mittleren Therapiedauer von 2 Jahren betragen die gesamten Arzneimittelkosten CHF 2,94 Mio. für tausend Patienten (Pravastatin CHF 1,74 Mio.). Als weitere Kosten wurden in der Gruppe mit Atorvastatin ermittelt (in Klammer Pravastatin): CHF 2,43 Mio. für den Myokardinfarkt (CHF 2,73 Mio.), CHF 2,64 Mio. für Revaskularisierungen (CHF 3,05 Mio.), und CHF 0,26 Mio. für die Hospitalisierung infolge instabiler Angina pectoris (CHF 0,34 Mio.). Die Berechnung für Atorvastatin erfolgt auf der Basis von CHF 4,48 Tagestherapiekosten für eine Dosis à 80 mg (Pravastatin 40 mg CHF 2,65). Ein Selbstbehalt der Patienten von 10% wurde bei der Berechnung der Kosten berücksichtigt (Tab. 3).
Die Kosten eines akuten Myokardinfarktes (CHF 36744), einer Revaskularisierung (CHF 16200) und einer Hospitalisierung infolge instabiler Angina pectoris (CHF 6750) (Medikationskosten, Interventionen, stationärer Aufenthalt, ambulante Behandlung, Rehabilitation) wurden bereits anderweitig bestimmt und für diese Analyse verwendet [
23].
Um die durch den Atorvastatin-Einsatz vermeidbaren Behandlungskosten zu ermitteln, wurden die der PROVE IT-Studie entnommenen, vermeidbaren Ereignisse, bezogen auf 1000 Patienten in zwei Jahren, mit den Behandlungskosten pro Ereignis verknüpft. Dementsprechend lassen sich während 2 Jahren mit Atorvastatin gegenüber Pravastatin 7,7 Myokardinfarkte, 25 Revaskularisierungen und knapp 13 Hospitalisierungen infolge instabiler Angina pectoris vermeiden.
Tabelle 1.
PROVE IT (oder Atorvastatin Evaluation and Infection Therapy-Thrombosis in Myocardial Infarction 22)-Studie: Vergleich von intensivierter mit gängiger Lipid-Senkung nach akutem Koronarsyndrom.
Tabelle 1.
PROVE IT (oder Atorvastatin Evaluation and Infection Therapy-Thrombosis in Myocardial Infarction 22)-Studie: Vergleich von intensivierter mit gängiger Lipid-Senkung nach akutem Koronarsyndrom.
Effektivität
Die gewonnenen Lebensjahre in der mit Atorvastatin behandelten Gruppe stellen im Vergleich zur Pravastatin-Gruppe in der vorliegenden ökonomischen Analyse das Effektivitätskriterium dar. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Patienten mit KHK wurde für eine analoge, 60jährige schweizerische Population anhand des DEALE-Verfahrens [
24] und aufgrund von statistischen Angaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) approximativ ermittelt. Sie beträgt für einen 60jährigen Schweizer 83,2 Jahre und 87,5 Jahre für Frauen [
25]. Die Restlebenserwartung liegt somit gemittelt und gewichtet bei 25,8 Jahren bei einer zugehörigen jährlichen Mortalitätsrate von 3,7%.
Die krankheitsspezifische Mortalitätsrate von Patienten gemäss den Einschlusskriterien der PROVE IT-Studie lässt sich anhand bekannter Daten in der Gesamtbevölkerung ableiten [
22]. Durch Verknüpfung der Mortalitätsraten in den Behandlungsgruppen (Atorvastatin, Pravastatin) sowie in der Gesamtbevölkerung lässt sich die aggregierte (compound) Mortalitätsrate (5,1%) und damit die adjustierte Lebenserwartung berechnen (16,5 Jahre).
Kosten-Effektivität der Atorvastatin-Therapie
Die Kosten pro gerettetes Lebensjahr errechnen sich durch Division der Gesamtkostendifferenz zwischen der Atorvastatin- und Pravastatin-Gruppe durch die Anzahl gewonnener Lebensjahre, die durch die Atorvastatin-Therapie erzielt wird.
Tabelle 2.
Vergleich der ökonomisch relevanten Behandlungseffekte der PROVE IT-Studie.
Tabelle 2.
Vergleich der ökonomisch relevanten Behandlungseffekte der PROVE IT-Studie.
Tabelle 3.
Kosten in der Atorvastatinund Pravastatin-Gruppe in CHF pro 1000 Patienten.
Tabelle 3.
Kosten in der Atorvastatinund Pravastatin-Gruppe in CHF pro 1000 Patienten.
Tabelle 4.
Gewonnene Lebensjahre durch die AtorvastatinTherapie.
Tabelle 4.
Gewonnene Lebensjahre durch die AtorvastatinTherapie.
Tabelle 5.
Univariate Sensitivitätsanalyse.
Tabelle 5.
Univariate Sensitivitätsanalyse.
Sensitivitätsanalysen
Um die Stabilität und Verlässlichkeit der Ergebnisse (d.h. die Kosten pro gerettetes Lebensjahr) zu überprüfen, wurden Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Hierbei wurden jeweils die Medikationskosten für Atorvastatin und Pravastatin, die Behandlungskosten für die betrachteten Ereignisse sowie die approximierte Lebenserwartung variiert (vgl. Tab. 5).
Ergebnisse
Tabelle 3 listet die Einzelkosten in der mit Atorvastatin behandelten Gruppe und der Pravastatin-Gruppe auf: Die Tagestherapiekosten für die Dosierung analog der PROVE IT-Studie, die Kosten des Myokardinfarktes, für Revaskularisierungen und für Hospitalisierungen infolge instabiler Angina pectoris. Deutlich wird, dass sich in der AtorvastatinGruppe im Vergleich zur Pravastatin-Gruppe ein Mehraufwand von rund 1200 CHF pro Patient über 2 Jahre aufgrund der Medikation ergibt. Dagegen zeigen sich Einsparpotentiale in der Atorvastatin-Gruppe in den Kostengruppen Myokardinfarkt, Revaskularisierungen und Hospitalisierungen. Insgesamt belaufen sich die gesamten Mehrkosten für einen Zeitraum von 2 Jahren nur noch auf rund CHF 380000 bei mit Atorvastatin behandelten Patienten, oder CHF 380 pro Patient. Diesen Kosten gegenüber stehen 123 gerettete Lebensjahre.
Abbildung 1.
PROVE IT im Vergleich zu anderen Studien.
Abbildung 1.
PROVE IT im Vergleich zu anderen Studien.
Die Berechnung der Effektivität zeigte eine zusätzliche Lebenserwartung von mehr als 6 Wochen (0,12 Jahre) im AtorvastatinArm im Vergleich zum Pravastatin-Arm über den Beobachtungszeitraum von 2 Jahren (Tab. 4).
Die Kosten-Effektivität der intensivierten Atorvastatin-Therapie (bei einer täglichen Dosierung von 80 mg) in Höhe von gerundet CHF 3075 pro gewonnenem Lebensjahr ergibt sich durch Division der Mehrkosten für einen mit Atorvastatin behandelten Patienten (Summe aller Kosten: CHF 378000) durch die Anzahl gewonnener Lebensjahre (123).
Als Ergebnis der Sensitivitätsanalyse (Tab. 5) kann festgestellt werden, dass sich die Atorvastatin-Therapie mit der Tagesdosis von 80 mg weiterhin als kosteneffektiv erweist, wenn man die Minimal- und Maximalwerte (CHF 4393 und Kosteneinsparungen von CHF 4306) in die Rangfolge der in Abbildung 1 aufgeführten Interventionen einordnet.
Diskussion
Die ökonomische Bewertung des Einsatzes von Statinen bei Risikopatienten in der Sekundärprävention belegt am Beispiel von Atorvastatin erneut: Der Einsatz dieses Medikamentes mit rund CHF 3075 pro gerettetem Lebensjahr ist kosteneffektiv (Tab. 5, Abb. 1).
Besondere Beachtung sollte diese sekundärpräventive Massnahme auch deshalb erhalten, weil die medizinischen und ökonomischen Effekte bereits sehr früh (Beobachtungszeitraum von 2 Jahren) eintreten. Signifikant profitierten Patienten ohne Diabetes, einem Alter unter 65 sowie Patienten ohne vorgängige Statin-Therapie und Patienten mit einem Gesamtcholesterin grösser oder gleich 123 mg/dl (3,2 mmol/L). Somit ist die sekundärpräventive Gabe von Atorvastatin nicht nur medizinisch belegt und gerechtfertigt, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Schliesslich wurde die Wirtschaftlichkeit von Atorvastatin bei Patienten mit KHK schon in anderen Arbeiten belegt [18, 19, 26].
Limitierend wirkt sich in der vorliegenden Analyse der Umstand aus, dass die Ergebnisse der in den acht Ländern (Australien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Kanada, Spanien, USA) durchgeführten PROVE IT-Studie auf die Schweiz übertragen wurden und dass bei der Berechnung der Kosten-Effektivität die geschätzte Lebenserwartung von Patienten in der Schweiz eingesetzt wurde. Aufgrund von Hinweisen gilt es zu beachten, dass der Einfluss verschiedener Risikofaktoren in der schweizerischen Bevölkerung sich von der ursprünglichen Studienpopulation unterscheidet. Zudem ist zu beachten, dass die Patienten von PROVE IT nur begrenzt repräsentativ für das Gesamtkollektiv von Patienten in der Schweiz sind: Patienten in klinischen Vergleichsstudien werden insbesondere bezüglich der Komorbidität sorgfältig selektioniert. Schliesslich sind auch die Adhärenz und die Betreuungsqualität besser. Somit entsprechen die Ergebnisse der PROVE IT-Studie dem Optimalfall.
Abbildung 2.
Kosten pro gerettetes Lebensjahr verschiedener Interventionen.
Abbildung 2.
Kosten pro gerettetes Lebensjahr verschiedener Interventionen.
Eine weitere Limitation liegt in der Notwendigkeit, die gewonnenen Lebensjahre post-hoc und ohne Zugriff auf die Rohdaten der originalen PROVE IT-Studie abzuleiten. Das DEALE-Verfahren etablierte sich jedoch als taugliches Verfahren und wurde kürzlich ebenfalls von anderen Autoren, zur schweizerischen Adaptation einer anderen vorwiegend ausländischen Multizenterstudie verwendet [
27].
Die vorliegende Modellrechnung für die Schweiz folgt einem konservativen Ansatz. Weitere Einsparpotentiale (Vermeidung von Intensivpflege, Arbeitsausfallzeiten, Rehabilitationsmassnahmen) können zwar vermutet aber nicht quantifiziert und bewertet werden. Diese Kosten dürften in ihrer Höhe allerdings nicht unbeträchtlich sein, so dass durch den Einsatz effektiver und effizienter Therapiestrategien weitere Einsparpotentiale ausgeschöpft werden könnten. Schliesslich bleibt zu berücksichtigen, dass es sich in der vorliegenden Darstellung um eine «within trial»-Analyse handelt, die auf die Studiendauer von PROVE IT auf 2 Jahre beschränkt ist. Folglich sind also mögliche Kosten und Nutzen, die später eintreten, nicht eingerechnet.
Wie immer bei solchen Vergleichen und Analysen wird auch ein so genanntes Benchmarking gemacht. Verrechnet man Kosten und Nutzen miteinander, dann erhält man pro gerettetes Lebensjahr in der AtorvastatinGruppe Kosten von CHF 3075. Wenn man diese nun mit anderen Interventionen im koronaren Bereich vergleicht, beispielsweise der Einsatz anderer Statine (vgl. Abb. 1), Kalziumantagonisten oder Clopidogrel, dann wird ersichtlich, dass hier eine extrem gute Wirtschaftlichkeit vorliegt [
10,
11,
12,
13,
14,
15]. Wird die PROVE IT-Studie mit anderen Interventionen verglichen, die in der Gesellschaft durchaus akzeptiert sind, also beispielsweise der Einbau eines Airbags, die Pflicht zum ErsteHilfe-Kurs für den Führerscheinerwerb, oder gewisse Verfahren im Umweltschutzbereich, dann ist feststellbar, dass in vielen anderen Bereichen viel weniger für den Mitteleinsatz herausschaut, wie beispielsweise für die Sekundärprävention bei PROVE IT (vgl. Abb. 2). In diesem Zusammenhang kann die «Harvard Risk Analysis» zum Vergleich herangezogen werden, die versucht, sowohl im Bereiche
Transportsicherheit wie im Umweltschutz Interventionen vergleichbar zu machen in bezug auf die Kosten pro gerettetem Lebensjahr [
28]. Daraus wird ersichtlich, dass die Kosten bei der medizinischen Prävention günstiger zu stehen kommen als bei anderen präventiven Massnahmen.
Aus der Übertragung der PROVE IT-Daten – nämlich der Evidenz wirksamer kardiovaskulärer Sekundärprävention nach manifest aufgetretenen kardiovaskulären Komplikationen – lässt sich schliessen, dass der Einsatz von 80 mg Atorvastatin auch in der Schweiz mehr Leben zu retten vermag als eine Therapie mit Pravastatin und dass 80 mg Atorvastatin bei Patienten in der Schweiz mit entsprechendem Risiko und Profil nach den hierfür anerkannten Kriterien kosteneffektiv ist.