Mit dem Velo von Bern nach Paris zum ESC (European Society of Cardiology), eine verrückte Idee einiger passionierter Velofahrer oder doch eine Herzenssache für die, die einfach gerne per Velo unterwegs sind?
Wie es dazu kam? Das Spendenaufkommen der Schweizerischen Herzstiftung für die kardiovaskuläre Forschung ist begrenzt, bescheiden im Vergleich zu anderen Fachgesellschaften. Und die haben gezeigt, dass eine spannende Benefiz-Aktion die Medienpräsenz steigert. Aber was könnte die Medien interessieren?
Sicher doch, wenn sich eine Gruppe von Herzspezialisten aufmacht, Berge zu erklimmen für einen guten Zweck.
Und warum nicht mal selber einen persönlichen Beitrag erbringen und anlässlich der Jahrestagung der europäischen Kardiologen in Paris das Flugzeug oder den TGV links liegen zu lassen, die Strecke aus eigener Kraft zu bewältigen und dabei Geld für eine gute Sache zu sammeln?
Rasch zog die Idee Kreise und fand viele motivierte Velofahrer aus den Reihen der Kardiologie. Die Anmeldeliste machte deutlich, dass sich sowohl der sportlich höchst interessierte Chefarzt als auch der Alltagsund Gelegenheitsradler angesprochen fühlte!
Abbildung 1.
Die Karte verdeutlicht die Wegstrecke mit den 6 Etappenzielen von Bern bis Paris (703 km). Beachtenswert ist auch das Höhenprofil (gesamt 5870 Höhenmeter), das am ersten Tag die höchsten Anstiege (1870 Höhenmeter) über den Schweizer Jura (Chasseral, 1480 m) offenbart. Am Ende des 2. Tages war die Streckenführung deutlich flacher, lediglich der Anstieg zum Plateau von Langres am Ende des. 3. Tages war nochmal bemerkenswert.
Abbildung 1.
Die Karte verdeutlicht die Wegstrecke mit den 6 Etappenzielen von Bern bis Paris (703 km). Beachtenswert ist auch das Höhenprofil (gesamt 5870 Höhenmeter), das am ersten Tag die höchsten Anstiege (1870 Höhenmeter) über den Schweizer Jura (Chasseral, 1480 m) offenbart. Am Ende des 2. Tages war die Streckenführung deutlich flacher, lediglich der Anstieg zum Plateau von Langres am Ende des. 3. Tages war nochmal bemerkenswert.
Abbildung 2.
Die Gruppe beim Anstieg im französischen Jura. Ruhige Nebenstrassen erlauben kommunikatives Fahren in der Gruppe.
Abbildung 2.
Die Gruppe beim Anstieg im französischen Jura. Ruhige Nebenstrassen erlauben kommunikatives Fahren in der Gruppe.
Damit das erworbene Geld auch vollumfänglich dem beworbenen Ziele zu Gute kommen konnte war klar, dass alle Teilnehmer die komplette Reise selbst finanzierten. Darüber hinaus opferte jeder Teilnehmer (und nicht zuletzt auch die zurückgebliebenen Familien) eine wertvolle Urlaubswoche.
Organisiert wurde die Velotour durch Peter Eitzinger, der professionell Radreisen durchführt. Er hat es durch eine präzise Organisation im Hintergrund ermöglicht, unterschiedliche Leistungslevels zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass alle auf ihre Kosten kamen.
Während der Tour haben drei Guides jeden einzelnen in den drei Leistungsgruppen auf seinem individuellen Niveau abgeholt und Teams geformt, in denen jeder über sich hinauswachsen konnte, aber dennoch nicht überfordert wurde. Unterschiedliche Startzeiten wahrten die Chancengleichheiten bei der Mittagsrast, die jeweils von Peters Frau Therese und Velomechaniker Jürg an wunderschönen Stellen vorbereitet wurden. Die mittägliche Pause entwickelte sich vom ersten Tag an zum kulinarischen, aber auch kommunikativen Höhepunkt, trafen sich doch alle drei Gruppen etwa zeitgleich nach knapp 2/3 der Tagesetappe.
Abbildung 3.
Die Hitze der letzten Augusttage wird unter dem Schwall des Dorfbrunnens gekühlt.
Abbildung 3.
Die Hitze der letzten Augusttage wird unter dem Schwall des Dorfbrunnens gekühlt.
Abbildung 4.
Mittagspause im Schatten grosser Weiden an einem kleinen Fluss im Herzen Frankreichs.
Abbildung 4.
Mittagspause im Schatten grosser Weiden an einem kleinen Fluss im Herzen Frankreichs.
Abbildung 5.
Egal ob e-Bike oder Rennvelo, alle konnten in drei Leistungsgruppen ihr Tempo fahren.
Abbildung 5.
Egal ob e-Bike oder Rennvelo, alle konnten in drei Leistungsgruppen ihr Tempo fahren.
Abbildung 6.
Auf den Champs-Elysées, das Ziel vor Augen, leuchten die Augen des Bergkönigs!
Abbildung 6.
Auf den Champs-Elysées, das Ziel vor Augen, leuchten die Augen des Bergkönigs!
Jeder Teilnehmer war angehalten, sich zuvor allgemeinmedizinisch und ggf. fachärztlich untersuchen zu lassen. Als «Bonbon» bot Matthias Wilhelm in Bern einen sportmedizinischen Leistungscheck an. Anschliessend erhielt jeder einen individuell angepassten Trainingsplan von Swiss Cycling. Trotz der guten medizinischen Vorbereitung wollten wir uns auch für die unvorhersehbaren Ausnahmen wappnen und rüsteten alle Gruppenleiter noch mit einem automatischen Defibrillator in Taschenformat aus.
Die Startvorbereitung erfolgte im Zirkus Knie in Bern und zog viele Zuschauer an. Die erste Hälfte der Tagesetappe bis Erlach war als «VIP»-Strecke gedacht und wurde medienwirksam organisiert.
Der Weg führte uns über Aarburg, wo der Ferrari Club uns, ohne zu ahnen wofür, den roten Teppich ausgerollt hatte. Die roten Sportwagen machten sich farblich passend sehr gut als Hintergrund für unsere Trikots. Bei der Mittagsrast in Erlach wurde die Tour der Presse vorgestellt. Viele prominente Gäste haben uns auf dem ersten Abschnitt begleitet: die Spieler des HC Davos, angeführt von Goalie Leonardo Genoni, Verteidiger Tim Ramholt und Stürmer Robin Grossman. Auch Mountainbike-Europameisterin Katrin Leumann, U21-Trainer Pierluigi Tami, TorwartLegende Renato Tosio und auch Herzchirurg Thierry Carrel begleiteten uns bis Erlach. «Race across America»-Finisher Nik Zeindler liess es sich nicht nehmen und nahm ganz locker nach der Mittagspause noch den Anstieg auf den Chasseral als kleine Trainingseinlage mit.
Jede einzelne Etappe stand unter einem speziellen Motto und wurde mit einem Referat für die Presse vorbereitet. So stand am ersten Tag das Thema «Plötzlicher Herztod bei Gesunden», referiert von Dr. Matthias Wilhelm und Prof. Christian Sticherling, an. Alle Referate und weitere Themen finden sich auf der Homepage der Herzstiftung (
www.tourdecoeur.ch).
Abbildung 7.
Alle haben es gesund und glücklich bis nach Paris geschafft, die Freude am Arc de Triomphe ist gross!
Abbildung 7.
Alle haben es gesund und glücklich bis nach Paris geschafft, die Freude am Arc de Triomphe ist gross!
Der zweite Teil der ersten Etappe begann mit dem Chasseral bissig, aber glücklicherweise nahmen die konditionellen Anforderungen mit der schwindenden Distanz nach Paris ab und wir konnten wirklich auch die Fahrt in der Gruppe geniessen und unbeschwert ins Gespräch kommen.
Das Gemeinschaftsgefühl wurde noch verstärkt, durch die Tatsache, dass alle ein schickes rotweisses Trikot trugen und dies sogar zu Jubelrufen von Passanten führte.
Eine schöne Beschreibung der einzelnen Tage mit genauen Routenplänen findet sich sowohl bei der Herzstiftung (www.tourde coeur.ch) als auch auf der Homepage der SGK (www.swisscardio. ch).
Die Einfahrt nach Paris am letzten Tag war zwar nicht so triumphal wie die Radler der Tour de France sie erleben, aber beim Weg über die Champs-Elysées zum Arc de Triomphe spürten alle dieses stolze Gefühl, gemeinsam etwas grossartiges geleistet zu haben. Am letzten gemeinsamen Abend konnte Hans Rickli sichtlich stolz einen Check über die eingeworbenen 220 000 CHF zugunsten des kardiovaskulären Forschungsfonds der Herzstiftung überreichen. Lange dauerten noch die Gespräche über das Erlebte, sogar ganz konkrete Überlegungen für eine Fortsetzung wurden angestellt.
München 2012: Wir kommen!