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Review

Neue Empfehlungen zur Antibiotischen Endokarditisprophylaxe: Pädiatrische Applikation  †

by
Joëlle Günthard
1,2,* and
Walter Knirsch
1,3
1
Für die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie
2
Universitätskinderspital Beider Basel, Kardiologie, Basel, Switzerland
3
Universitätskinderklinik Zürich, Kardiologie, Zürich, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Zusammenfassung eines Referats, welches anlässlich der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie im Juni 2009 in Lausanne gehalten wurde.
Cardiovasc. Med. 2010, 13(10), 297; https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01534
Submission received: 13 July 2010 / Revised: 13 August 2010 / Accepted: 13 September 2010 / Published: 13 October 2010

Summary

Infective endocarditis in childhood is still associated with considerable morbidity and mortality. Based on the new Swiss guidelines for prophylaxis, paediatric cardiologists have worked out a consensus which is presented in this place. Special attention is paid to the difference between paediatrics and adult medicine concerning prophylaxis. Furthermore the reasons why extreme caution is needed in childhood are shown. In addition to the propositions in the new guidelines the Swiss Society of Paediatric Cardiology recommend antibiotic endocarditis prophylaxis for unoperated acyanotic heart defects with a risk of endothelial lesions (aortic valve lesions and VSD). In childhood, endocarditis prophylaxis covers meticulous dental hygiene and selective antibiotic therapy if there is a risk of bacteraemia. Overtreatment, that is giving broad spectrum antibiotics for viral infections or fever of unknown origin has to be avoided. To evaluate the new “guidelines” and potential further modifications a prospective data collection of paediatric endocarditis cases in Switzerland is mandatory.

Einleitung

Die infektiöse Endokarditis ist selten, bleibt aber aufgrund einer hohen Morbidität und Mortalität eine Herausforderung für betroffene Patienten und Ärzte. Daher konzentrieren sich die medizinischen Bemühungen auf Richtlinien zu deren Prophylaxe, in der Schweiz letztmals 2000 revidiert und publiziert [1]. Im Anschluss an die Revision der Richtlinien der American Heart Association und verschiedener europäischer Gesellschaften werden in der Schweiz neue Empfehlungen formuliert [2]. Spezielle Diskussionspunkte stellen die mangelnden Daten betreffend Effektivität und Effizienz einer Antibiotikaprophylaxe bei bakteriellen Infekten und septischen Eingriffen dar, sie stützen sich auf uneinheitliche Expertenmeinungen, Tierexperimente und Fallberichte und nicht auf prospektive randomisierte, plazebokontrollierte Studien [3]. Die neuen Richtlinien werden vereinfacht und empfehlen restriktiv nur noch bei Patienten mit hohem Risiko eines schweren Verlaufs eine antibiotische Endokarditisprophylaxe durchzuführen. Die Empfehlungen gelten auch für die Pädiatrie, was innerhalb der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie zu regen Diskussionen führte, und die Ausarbeitung eines Konsenses erforderte. Auf der Tatsache basierend, dass es einerseits keine prospektiven Studien zur infektiösen Endokarditis im Kindesalter gibt und andererseits Kinder nicht kleine Erwachsene sind, also Daten aus der Erwachsenenmedizin nicht vorbehaltlos auf die Pädiatrie übertragen werden können, wird versucht, ein einheitliches nachvollziehbares Vorgehen für Kinderkardiologen, Kardiologen für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern, Pädiater und Zahnärzte anzustreben. Speziell wird den Unterschieden der Pädiatrie gegenüber der Erwachsenenmedizin Rechnung getragen, ohne dabei die Meinung der Erwachsenenkardiologen zu missachten. Selbstverständlich gilt auch in der Pädiatrie, dass Empfehlungen keine Regeln, sondern Vorschläge sind und die ärztliche Evaluation des individuellen Patienten nicht ersetzen dürfen.
Tabelle 1. Häufigkeit einer Endokarditis bei nativen angeborenen Herzfehlern.
Tabelle 1. Häufigkeit einer Endokarditis bei nativen angeborenen Herzfehlern.
Cardiovascmed 13 00297 g001
Tabelle 2. Erregerspektrum der Endokarditis im Kindesalter.
Tabelle 2. Erregerspektrum der Endokarditis im Kindesalter.
Cardiovascmed 13 00297 g002

Inzidenz, Prädisposition und Mortalität der Endokarditis im Kindesalter

Die infektiöse Endokarditis gehört mit 0.34–0.64/100,000 Kinder/Jahr zu den seltenen Erkrankungen; jedoch führt sie zu einer steigenden Anzahl an Hospitalisationen [4, 5]. 1990 wurden bereits 6mal mehr Spitalaufenthalte beobachtet als 50 Jahre zuvor [6]. Als prädisponierende Faktoren spielen bei Kindern in den Industrieländer angeborene Herzfehler eine weit grössere Rolle als rheumatische Herzerkrankungen, und dies in zunehmendem Masse. Seit Mitte der 1980er Jahre liegen bei über 95% der Kinder mit infektiöser Endokarditis angeborene Herzfehler zu Grunde [7]. Dies steht im Gegensatz zur Erwachsenenpopulation, bei denen degenerative Klappenveränderungen und intravenöse Drogenabhängigkeit sowie andere Komorbiditäten (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz u.a.) als prädisponierende Faktoren im Vordergrund stehen. Sowohl native als auch operierte Herzfehler haben ein Infektionsrisiko. Unter den nativen hängt das Risiko, an einer infektiösen Endokarditis zu erkranken, von der Art des Herzfehlers ab: So ist in der Pädiatrie das Risiko für eine infektiöse Endokarditis bei komplexen zyanotischen Herzfehlern (8.2/1000 Patienten/Jahr) wie z.B. Pulmonalatresie mit VSD, zum Teil mitbedingt durch die operative Anlage eines aortopulmonalen Shunts, dem «Double outlet right ventricle» vom Fallot-Typ oder der Trikuspidalatresie am höchsten, gefolgt vom Ventrikelseptumdefekt (2.4/1000 Patienten/ Jahr), der Fallot-Tetralogie (2.3/1000 Patienten/Jahr) und der Aortenklappenstenose (2.0/1000 Patienten/ Jahr) (Tab. 1) [8, 9]. Bei den operierten Herzfehlern ist der Anteil der Endokarditiden, welche mit Fremdmaterial assoziiert sind, auffallend hoch. Hintergrund dafür ist, dass etwa 40% der operativ behandelten Fälle, insbesondere bei komplexen angeborenen Herzfehlern, aufgrund fehlender Herzstrukturen den Einsatz von Fremdmaterial bedingen [10]. Dazu zählt die Implantation von Herzklappen (biologische oder künstliche), Patch-Materialien (z.B. zum Verschluss eines Ventrikelseptumdefekts), Gefässstents (z.B. zur Behandlung der Aortenisthmusstenose) oder anderer Verschlusssysteme (z.B. zum Verschluss eines Vorhofseptumdefekts). Somit hat sich heute einerseits eine neue «Risiko»-Patientenpopulation, die «GUCH-(grown ups with congenital heart disease) Patienten» und andererseits eine neue Art, «Fremdmaterial-assoziierter» Infektionen gebildet. Das Erregerspektrum bei Kindern umfasst v.a. Streptokokken und Staphylokokken. In der pädiatrischen Literatur werden bei 44% der Endokarditisfälle Streptokokken inkl. Enterokokken, bei 27% Staphylokokken und bei 16% gramnegative Erreger beobachtet (Tab. 2) [11, 12]. Allgemein ist die Mortalität bei Kindern mit Endokarditis auf Werte um 10% gesunken [4, 13]. Die Mortalität nach chirurgischen Eingriffen wegen einer infektiösen Endokarditis bleibt aber mit Werten bis zu 50% noch hoch [4]. Ein erhöhtes Letalitätsriko besteht bei unter 2-Jährigen, Pilz- oder Staphylokokken-Erreger, Fremdmaterial, zyanotischen Herzfehlern, Status nach Endokarditis und linksseitiger Endokarditis [14].

Rationale der Endokarditisprophylaxe

Voraussetzungen zur antibiotischen Endokarditisprophylaxe bilden die Erkenntnisse über deren Pathogenese, der Nachweis einer Bakteriämie nach septischen und zahnärztlichen Eingriffen sowie die Wirksamkeit der Antibiotika im Tiermodell.
Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, bildet eine Endothelläsion, sei es durch Manipulationen oder Flussturbulenzen bei Herzfehlern, den Ursprung zur Entzündung [15]. Nach Bildung eines vorerst sterilen Thrombus an der Läsion wird dieser, im Fall einer zusätzlichen Bakteriämie, mit Bakterien besiedelt. Diese sich dann entwickelnde Vegetation wird durch weitere Fibrinablagerungen, auch unter der Beteiligung von Thrombozyten, entsprechend geschützt und ist dementsprechend dem Zugriff der Immunabwehr und auch der Antibiotikatherapie nur schwer zugänglich, was die entsprechend lange Behandlungsdauer intravenös verabreichter Antibiotika erklärt. Es droht eine Destruktion des Endokards. Fragmente der Vegetation können embolisieren und zu gefürchteten Komplikationen im Rahmen septischer Embolien führen. Neben der Endokardläsion als pathogenetische Voraussetzung für das Entstehen einer infektiösen Endokarditis bekommen Fremdmaterialien eine zunehmende Bedeutung in der Pathogenese der postoperativen infektiösen Endokarditis. Eingesetztes Fremdmaterial beinhaltet neben Herzklappen, Patch-Materialen aus Perikard, Gefässshunts aus Goretex, Gefässstents aus verschiedenen Metalllegierungen oder Occluder-Systeme zum Verschluss von intrakardialen Defekten (Abb. 2). In Abhängigkeit von den chemischen und physikalischen Oberflächeneigenschaften der eingesetzten Materialien kann sich mit der Inkorporation/Einwachsen des Fremdmaterials ein Biofilm bilden, der entsprechend mit Bakterien besiedelt werden kann und den Ausgangspunkt für eine Infektion darstellt [16, 17].
Abbildung 1. Pathogenese der infektiösen Endokarditis.
Abbildung 1. Pathogenese der infektiösen Endokarditis.
Cardiovascmed 13 00297 g003
Abbildung 2. Beispiele für herzkatheterinterventionell implantiertes Fremdmaterial (Herklappen, Gefässstents, Occluder-System) in der Kinderkardiologie.
Abbildung 2. Beispiele für herzkatheterinterventionell implantiertes Fremdmaterial (Herklappen, Gefässstents, Occluder-System) in der Kinderkardiologie.
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Möglichkeiten zur Prophylaxe sind nun, erstens eine Endothelläsion zu verhindern oder zu beheben und zweitens, eine Bakteriämie oder eine bakterielle Besiedelung zu verhindern. Vorübergehende, transitorische Bakteriämien können durch medizinische Interventionen ausgelöst oder durch Alltagsaktivitäten induziert werden und zur Infektion einer zuvor sterilen thrombotischen Endokarditis oder eines Biofilm-beschichteten Fremdmaterials führen [18]. Quellen dieser transitorischen Bakteriämien sind die Bakterienflora der äusseren Haut und der Schleimhäute, die durch eine entsprechende Störung ihrer sonst intakten Integrität Eintrittspforten für Bakterien darstellen können. Dazu zählen unter den medizinischen Eingriffen insbesondere die zahnärztlichen, kieferorthopädischen und dentalhygienischen Eingriffe mit Schleimhautläsion, aber auch Manipulationen an der äusseren Haut, bakterielle Abszesse sowie Lifestyle-Eingriffe wie Tattooing oder Piercing [19]. Gestützt auf Untersuchungen, die die Antibiotikawirksamkeit bei Bakteriämie im Tiermodell beweisen, wird nun postuliert, dass mittels gezielter, einmaliger Antibiotikagabe eine Bakteriämie bekämpft und somit eine bakterielle Besiedelung steriler Endothelthromben verhindert werden kann [20]. Eine besonders hohe Rate an Bakteriämien (84%) bei Kindern nach Zahneingriffen, maximal nach 90 Sekunden auftretend, konnte nachgewiesen werden; entsprechend auch eine signifikante Reduktion dieser Bakteriämie (33%) durch die einmalige Gabe von Amoxicillin [18]. Die Kontroverse entsteht nun dadurch, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Dental-Eingriffen und Endokarditis laut Literatur nicht zu finden ist [21]. Es wird vielmehr vermutet, dass bereits alltägliche Manipulationen wie Zähneputzen oder Kauen zu einer transitorischen Bakteriämie führen und somit das Risiko erhöhen. Aufgrund ethischer Überlegungen konnte bisher die Wirksamkeit der antibiotischen Endokarditisprophylaxe bei Zahneingriffen beim Menschen in einer prospektiven, randomisierten, plazebokontrollierten Studie nicht nachgewiesen werden. Bei der niedrigen Inzidenz der infektiösen Endokarditis wären entsprechend hohe Patientenzahlen erforderlich, um eine statistische signifikante Aussage machen zu können; zudem stellen die Vielzahl der zugrundeliegenden Herzleiden und des damit verbundenen unterschiedlichen Schweregrads einerseits sowie die hohe Zahl unterschiedlicher invasiver zahnmedizinischer Eingriffe bei unterschiedlicher Zahngesundheit andererseits Limitationen derartiger Studien dar.
Obwohl bei Herzfehlern mit turbulentem Fluss Endothelläsionen zu erwarten sind, wird die Diskussion über die Prophylaxe in diesen Fällen sehr kontrovers geführt. Gestützt auf die Einschätzung, dass die Effektivität und die Effizienz der Prophylaxe auf einer unzureichenden Evidenz in der medizinischen Fachliteratur basiert [22], sind die neuen Empfehlungen nicht mehr darauf ausgerichtet, möglichst bei allen Patienten mit einem erhöhten Risiko die Entstehung einer infektiösen Endokarditis zu verhindern, sondern eingegrenzt auf die Patienten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer antibiotischen Endokarditisprophylaxe profitieren. Diese Eingrenzung der Indikation der antibiotischen Endokarditisprophylaxe soll die Prophylaxemassnahmen steigern, ohne Hochrisikopatienten durch Unterlassung zu gefährden.

Was ist in der Pädiatrie speziell?

Die Inzidenz der infektiösen Endokarditis im Kindesalter ist trotz Rückgang des rheumatischen Fiebers und kontinuierlichen Fortschritten in der medizinischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern steigend [4,5,6]. Immer mehr Kinder überleben auch schwere Herzfehler mit Hilfe von Palliativeingriffen, Zunahme komplexer Herzchirurgie und zunehmendem Einsatz von Fremdmaterial. Die Risikopopulation wird somit stetig erhöht.
Bezüglich Endokarditisprophylaxe in der Pädiatrie seien zusätzlich verschiedenen Besonderheiten hervorgehoben.
1. Eine überproportionale Zahl bakterieller Infektebetrifft das Kind. Kinder haben häufiger bakterielle Infektionen als Erwachsene, vor allem an Haut und Schleimhäuten. So wird die Impetigo contagiosa vor allem im Kindesalter beobachtet [23]. Die Infektionsquellen sind im Kindesalter deutlich erhöht. Man denke da an Schmierinfektionen durch Spielverhalten oder Kontakt mit anderen Kindern (Kindergarten und Schule) [23]. Auch wird bei Kindern eine hohe Bakteriämierate nach zahnärztlichen Eingriffen beobachtet [18]. Kinder mit angeborenen Herzfehler leiden oft im Rahmen eines genetischen Syndroms unter einer Beeinträchtigung ihres Immunsystems (Trisomie 21 oder Mikrodeletion 22q11) und sind somit besonders infektgefährdet.
Die linksseitigen Herzklappen (Aorten- und Mitralklappe: 45–50%) sind wie bei Erwachsenen auch im Kindesalter häufig betroffen, aber im Gegensatz zu Erwachsenen sind die rechtsseitigen Herzstrukturen (Trikuspidal- und Pulmonalklappe: 30–35%) überproportional häufiger betroffen. Daneben kann die infektiöse Endokarditis (dann als Endarteritis) bei 15–20% der Fälle auch extrakardial, wie z.B. im Bereich der Pulmonalarterie, der Aorta, des Persistierenden Ductus arteriosus Botalli und des aortopulmonalen Shunts, auftreten. Neben diesen im Kindesalter relativ häufigen atypischen extrakardialen Manifestationen werden auch atypische intrakardiale Manifestationen beschrieben, wie z.B. an der lateralen Wand des rechten Ventrikels als Folge einer auftreffenden Jet-Läsion eines Ventrikelseptumdefekt oder um die rechtsventrikuläre Seite des Ventrikelseptumdefekts herum [10].
2. Im Vergleich zur Erwachsenenmedizin drängen sich in der Pädiatrie spezielle Schutz- und Vorsichtsmassnahmen auf. Kinder mit angeborenen Herzfehlern haben lebenslang demzufolge ein hohes kumulatives Endokarditisrisiko. Krankheitssymptome werden unterschiedlich wahrgenommen und formuliert, was eine Frühdiagnose deutlich erschwert. Kinder zeigen keine eigene Urteilsfähigkeit und tragen keine eigene Verantwortung. Es scheint somit nicht erstaunlich, dass Vorsicht angebracht ist und die antibiotische Endokarditisprophylaxe sicher nicht restriktiv gehalten wird.
3. In der Pädiatrie ist die antibiotische Endokarditisprophylaxe nicht hauptsächlich auf Zahneingriffe fokussiert. Vielmehr benötigen septische Eingriffe wie Tonsillektomien und Appendektomien, Hautinfektionen nach Verletzungen und auch Neugeboreneninfektionen eine entsprechende Prophylaxe. Pädiater sind gegenüber Antibiotika im Kindesalter weniger zurückhaltend als Erwachsenenmediziner, zumal in dieser Altersgruppe nur selten tödliche anaphylaktischen Reaktionen auf Antibiotika zu befürchten sind.
4. Kinder mit angeborenen Herzfehlern haben eineerhöhte Zahnfleischentzündungsrate und vermehrte Plaques-Bildung und eine damit verbundene Affinität zu gramnegativen Erregern [24]. Zusätzlich haben sie eine schlechtere Mundhygiene und erhöhte Kariesbildung im Vergleich zu herzgesunden Kindern [25] (Abb. 3).
Abbildung 3. Beispiel eines schweren destruierten Milchzahngebisses bei einem Patienten mit angeborenem Herzfehler.
Abbildung 3. Beispiel eines schweren destruierten Milchzahngebisses bei einem Patienten mit angeborenem Herzfehler.
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Konsensus der Schweizerischen Gesellschaft für Kinderkardiologie

Gestützt auf der Tatsache, dass das Risiko einer infektiösen Endokarditis bei bakteriellen Infekten und septischen Eingriffen nicht sicher einschätzbar, aber vorhanden ist, dass deren Morbidität und Letalität hoch sind, dass sie oft Folge einer iatrogenen Bakteriämie ist und dass bei Kinder, einer infektanfälligen Population, äusserste Vorsicht angebracht ist, empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie, zusätzlich zu den neuen Richtlinien, eine antibiotische Endokarditisprophylaxe bei unkorrigierten, nicht-zyanotischen Vitien mit dem Risiko einer Endothelläsion (Aortenvitien und VSD).
Im Kindesalter umfasst die Endokarditisprophylaxe eine sorgfältige Zahnhygiene, eine Sanierung von Infektionsherden und eine gezielte Antibiotikagabe bei
Risiko einer Bakteriämie. Dabei ist besonders eine Übertherapie, d.h. einer Breitbandantibiotikagabe bei viralen Infekten oder Fieber unklarer Genese zu vermeiden. Bezüglich Prophylaxe und Antibiotikagabe bei Eingriffen werden die Dosierungsangaben der neuen Richtlinien übernommen.
Zur Evaluation der neuen «Guidelines» und im Hinblick auf eventuelle weitere Modifikationen ist eine prospektive Datenerhebung pädiatrischer Endokarditisfälle in der Schweiz unumgänglich.

Conflicts of Interest

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag haben.

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