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Editorial

Konservative Versus Invasive Strategie in der Behandlung der Chronisch Koronaren Herzkrankheit: Wir Brauchen sie Beide!

by
Christoph A. Kaiser
* and
Matthias E. Pfisterer
Kardiologie, Universitätsspital, Basel, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Cardiovasc. Med. 2008, 11(7), 227; https://doi.org/10.4414/cvm.2008.01341 (registering DOI)
Submission received: 22 May 2008 / Revised: 22 June 2008 / Accepted: 22 July 2008 / Published: 22 August 2008
Gleich zwei Übersichtsartikel befassen sich im vorliegenden Heft mit der Frage nach dem Stellenwert der konservativen und der invasiven Therapie bei Patienten mit chronischer Angina pectoris [1,2]. Neu entfacht wurde diese Diskussion vor gut einem Jahr durch die Publikation der COURAGE-Studie [3], in welcher 2287 Patienten mit stabiler Angina pectoris und nachgewiesener Ischämie entweder zu einer maximalen medikamentösen Therapie oder einer maximalen medikamentösen Therapie kombiniert mit einer PTCA randomisiert wurden. Nach einer mittleren Beobachtungszeit von 4,6 Jahren war der primäre Endpunkt (Tod, Myokardinfarkt) in den beiden Patientengruppen nicht signifikant verschieden und die Prognose somit für beide Behandlungs-Strategien gleich. Bedeutet dies nun, dass alle Patienten mit chronischer Angina pectoris primär konservativ behandelt werden sollten? Oder bedeutet es, dass eine interventionelle Strategie in dieser Patientengruppe lediglich Kosten und Komplikationen verursacht ohne Nutzen zu bringen?
Im Gegensatz zur chronischen Angina pectoris hat die PTCA in den letzten Jahren die Behandlung des akuten Koronarsyndroms und insbesondere des ST-Hebungsinfarkts revolutioniert und die Prognose der betroffenen Patienten dramatisch verbessert [4,5,6]. Dieser Erfolg und die ständig verbesserte Technik führten zu einer starken Zunahme der Zahl der mittels PTCA-behandelten Patienten [7]. Allerdings variieren die Indikationen je nach Region und Finanzierungsmodell stark. So werden beispielsweise in den USA 85% aller PTCA elektiv bei Patienten mit chronischer Angina pectoris durchgeführt, Tendenz steigend [8]. Im Gegensatz hierzu wurden am Universitätsspital Basel z.B. in der BASKETStudie zwischen 2003 und 2004 lediglich 42% aller PTCA elektiv bei Patienten mit stabiler Angina pectoris durchgeführt [9].
Bei Patienten mit chronisch koronarer Herzkrankheit haben mehrere prospektiv randomisierte Studien gezeigt, dass die PTCA ebenso wie die Bypass-Operation im Vergleich mit einer konservativen Therapie kurzfristig nicht zu einer Verbesserung der Prognose führen [3,10,11,12,13,14,15,16] (Table 1). Dass dies, wie in der COURAGE-Studie untersucht wurde, auch über 4 Jahre der Fall ist, erstaunt im Licht des heutigen pathophysiologischen Verständnisses der chronisch koronaren Herzkrankheit wenig. Wir begreifen heute die chronische Koronarsklerose als Teil eines progredienten, systemischen und degenerativ-entzündlichen Krankheitsprozesses, wobei die Prognose insbesondere durch das Auftreten von akuten koronaren oder zerebrovaskulären Ereignissen bestimmt wird. Das Konzept der «vulnerablen Plaque» mit plötzlichem Aufbrechen und sukzessiver Thrombosebildung unabhängig vom Stenosierungsgrad hat uns gelehrt, dass diese Ereignisse nicht durch die alleinige Beseitigung oder Überbrückung koronarer Engstellen verhindert werden können. Entsprechend kann auch die Prognose nur in gewissen Hochrisiko-Situationen verbessert werden. Durch Lebensstil-Intervention in Kombination mit einer aggressiven Therapie der koronaren Risikofaktoren kann jedoch die Prognose der koronaren Herzkrankheit verbessert werden. Die «optimale medikamentöse Therapie» wie sie in der COURAGE-Studie in beiden Behandlungsarmen eingesetzt und bis zum Ende der Periode weitergeführt und monitoriert wurde, setzt Standards. Sie gehört bereits heute zur Basis-Behandlung aller Patienten mit chronischer Angina pectoris in der Schweiz, und zwar unabhängig einer gegebenenfalls durchgeführten Revaskularisation. De facto wird heute bei den allermeisten Patienten primär ein konservatives Vorgehen gewählt. So werden in den USA jährlich lediglich 9% aller Patienten mit chronisch koronarer Herzkrankheit revaskularisiert [17] und in Europa bis 4 Wochen nach Diagnosestellung bei nur 13% aller Patienten eine Revaskularisation geplant oder durchgeführt [18].
Table 1. Prospektiv randomisierte Studien mit Vergleich einer konservativen Strategie versus PTCA bei Patienten mit chronischer Angina pectoris (modifiziert nach [16]).
Table 1. Prospektiv randomisierte Studien mit Vergleich einer konservativen Strategie versus PTCA bei Patienten mit chronischer Angina pectoris (modifiziert nach [16]).
Cardiovascmed 11 00227 i001
Nur 6,4% aller im Rahmen der COURAGE-Studie gescreenten Patienten, welche an einer chronischen Angina pectoris litten, wurden effektiv in die Studie eingeschlossen. Vor Einschluss wurde bei allen Patienten im Rahmen des Screenings eine Koronar-Angiographie durchgeführt, Patienten mit hohem Risiko wurden nicht randomisiert. Die eingeschlossenen Patienten repräsentieren somit lediglich eine kleine Untergruppe aller Patienten mit chronisch koronarer Herzkrankheit. Sie stellen ein Kollektiv mit niedrigem Risiko dar. Wie eine szintigraphische Substudie der COURAGE-Studie [19] zeigen konnte, reduzierte die Revaskularisation eine ausgeprägte Ischämie im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Therapie signifikant. Parallel dazu war die Prognose bei Patienten, welche eine Reduktion der Ischämie über 5% aufwiesen, signifikant besser und die Angina pectoris wurde stärker reduziert als bei Patienten ohne relevante Ischämie-Reduktion. Damit zeigen auch die COURAGE-Resultate, dass Angina pectoris und Ischämie mit Revaskularisation besser behandelt werden kann als ohne.
Patienten, welche aufgrund einer chronischen Angina pectoris den Hausarzt aufsuchen, tun dies dann auch primär, weil sie unter Angina pectoris leiden und nicht, um ihre Langzeitprognose zu verbessern. Vor Einleitung einer Lebensstiländerung sowie medikamentöser Beeinflussung der Risikofaktoren ist das primäre Therapieziel somit die Schmerzlinderung und wenn möglich -beseitigung. Eine medikamentöse antianginöse Therapie kann zwar bei vielen Patienten zu einer wesentlichen Besserung der Angina pectoris odergar zu Beschwerdefreiheit führen; dass dies jedoch nicht bei allen Patienten gelingt, zeigt die unerwartet hohe «Cross-Over-Rate» hin zur PTCA im konservativen Arm der COURAGEStudie: über 30% der medikamentöse behandelten Patienten mussten wegen persistierender pektanginöser Beschwerden trotz ausgebauter antiischämischer Therapie revaskularisiert werden! Da diese Patienten nach dem «intention-to-treat»-Prinzip im konservativen Arm analysiert wurden und da 43% aller Patienten bereits bei Einschluss oligo-asymptomatisch waren (CCS 0–I), war am Ende der Beobachtungszeit der Schweregrad der Angina pectoris bei beiden Patientengruppen ähnlich tief. Dennoch waren die Patienten des PTCA-Arms während praktisch der gesamten Beobachtungszeit signifikant weniger symptomatisch als die rein konservativ behandelten Patienten. Auch dies konnte bereits in früheren Studien vielfach gezeigt werden [3,10,11,12,13,14,15,16].
Es braucht somit beide Strategien in der Behandlung der chronisch stabilen koronaren Herzkrankheit: die konservative Strategie, bestehend aus Lebensstiländerung, Therapie der Risikofaktoren mitsamt einer medikamentösen Therapie zur Behandlung der koronaren Grundkrankheit und deren Fortschreiten sowie die Revaskularisation zur Beseitigung von Koronarstenosen, welche oft zu therapierefraktären Beschwerden führen. Beide zusammen tragen zur Verbesserung der Langzeitprognose bei, wie das beispielsweise der langsame Rückgang der Sterblichkeit der koronaren Herzkrankheit in der Schweiz belegt.

References

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Kaiser, C.A.; Pfisterer, M.E. Konservative Versus Invasive Strategie in der Behandlung der Chronisch Koronaren Herzkrankheit: Wir Brauchen sie Beide! Cardiovasc. Med. 2008, 11, 227. https://doi.org/10.4414/cvm.2008.01341

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Kaiser CA, Pfisterer ME. Konservative Versus Invasive Strategie in der Behandlung der Chronisch Koronaren Herzkrankheit: Wir Brauchen sie Beide! Cardiovascular Medicine. 2008; 11(7):227. https://doi.org/10.4414/cvm.2008.01341

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Kaiser, Christoph A., and Matthias E. Pfisterer. 2008. "Konservative Versus Invasive Strategie in der Behandlung der Chronisch Koronaren Herzkrankheit: Wir Brauchen sie Beide!" Cardiovascular Medicine 11, no. 7: 227. https://doi.org/10.4414/cvm.2008.01341

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