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Review

Betablocker und Asthma bronchiale: Ja Oder Nein?

by
Lars C. Hubera
1,* and
Mattia Arrigo
2
1
Klinik für Pneumologie, UniversitätsSpital Zürich, Zurich, Switzerland
2
Klinik für Kardiologie, UniversitätsSpital Zürich, Zurich, Switzerland
*
Author to whom correspondence should be addressed.
Cardiovasc. Med. 2016, 19(10), 256; https://doi.org/10.4414/cvm.2016.00438 (registering DOI)
Submission received: 19 July 2016 / Revised: 19 August 2016 / Accepted: 19 September 2016 / Published: 19 October 2016

Abstract

The medical history of beta-blockers is interesting. Even in patients with heart failure, for whom beta-blockers are now standard of care, they were considered contraindicated for a long time. In patients with chronic obstructive pulmonary disease, beta-blockers, once also contraindicated, are associated with reduced mortality and exacerbation rates. The use of beta-blockers in patients with bronchial asthma, however, remains controversial and, owing to fear of adverse respiratory effects and resistance to rescue medication, many review articles and clinical guidelines list beta-blockers as contraindicated in asthmatics. While there is a lack of data on long-term safety and lung function cutoffs below which beta-blockers should be avoided, evidence to support the recommendation that beta-blockers should not be used in asthma patients is rare. In stable patients with well-controlled asthma, beta-blocker-induced respiratory effects appear to be rare, and significant changes in symptoms, lung function and use of rescue medications (including systemic steroids and inhaled betamimetics) have not been observed. Based on these findings and the fact that beta-blockers have considerable benefits in patients with cardiac diseases, we think that these agents should not be withheld from patients with asthma. In such a setting, it is prudent to use cardioselective beta-blockers. However, when indicated and used carefully, nonselective beta-blockers can also be used in asthmatics. In these patients, asthma needs to be well controlled, without markedly reduced pulmonary function at baseline. In addition, the dose of beta-blocker has to be carefully titrated and, in selected cases, therapy with inhaled anticholinergics might be indicated during the wash-in phase. Experimental data have even suggested that beta-blockers might be used as a therapeutic approach in patients with asthma. Although interesting, these data need to be confirmed in a clinical setting.

Betablocker in der Kardiologie

Betablocker gehören zu den meist verwendeten Medikamenten in der Kardiologie. Die Medikamenten klasse besteht aus Dutzenden von Molekülen mit unterschiedlichen pharmakodynamischen und phar makokinetischen Eigenschaften. Betablocker hemmen die Wirkung adrenerger Substanzen an Betarezeptoren kompetitiv. Einige Moleküle wirken zusätzlich auch hemmend an α-Rezeptoren (z.B. Carvedilol). Durch Hemmung der β1-Rezeptoren werden hauptsächlich kardiale Effekte erreicht: Senkung der Herzfrequenz (negative Chronotropie), Senkung der Kontraktilität (negative Inotropie), Verlangsamung der Erregungslei tung (negative Dromotropie) sowie Senkung der Auto matie. Die Hemmung von β2-Rezeptoren führt hinge gen zu systemischen Wirkungen, unter anderem Tonuserhöhung der glatten Muskulatur und Hem mung der Insulinsekretion. Die Kardioselektivität (β1- Spezifizität) und die intrinsische sympathomimeti sche Aktivität (ISA) der verschiedenen Moleküle werden durch die rezeptorspezifischen Eigenschaften bestimmt. Die Wirkdauer von Betablockern reicht von wenigen Minuten (z.B. Landiolol, Esmolol) bis zu meh reren Stunden (z.B. Bisoprolol, Nebivolol).
Betablocker werden zur Behandlung verschiedener kardiologischer Erkrankungen eingesetzt. Gemäss den aktuellen Richtlinien der European Society of Cardio logy (ESC) werden sie zur Reduktion der pektanginösen Beschwerden bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit empfohlen (Klasse-I-Empfehlung), ob wohl eine Verbesserung der Langzeit-Prognose bei die sen Patienten nicht belegt ist [1]. Zudem gehören Beta blocker zu den wichtigsten Medikamentenklassen für die Sekundärbehandlung nach akutem Myokard infarkt – dies gilt sowohl für Patienten mit ST-Hebungs- (Klasse-IIa-Empfehlung) als auch für Patienten mit Non-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (Klasse-I-Emp fehlung) [2,3]. In diesem Setting zeigten Betablocker eine Verbesserung der Ischämie-bedingten Symptome und auch der kardiovaskulären Prognose.
Betablocker werden auch zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventriku lärer Ejektionsfraktion empfohlen (Klasse-I-Empfeh lung) [4]. Diesbezüglich zeigten mehrere randomisierte plazebokontrollierte Studien eine Verbesserung der Mortalität und der Morbidität [5,6,7,8,9,10,11].
Sie werden ferner zur Frequenzkontrolle bei neu aufge tretenem oder chronischem Vorhoffimmern empfoh len (Klasse-I-Empfehlung) [12]. Diese Indikationen er klären den erfolgreichen Einsatz dieser Substanzklasse bei einem sehr breiten Spektrum von Patienten.
Table 1. Übersicht über Betablocker-Klassen und Beispiele.
Table 1. Übersicht über Betablocker-Klassen und Beispiele.
Nichtselektive BetablockerOhne ISANadolol
Propranolol
Timolol
Mit ISAPindolol
β1-selektive BetablockerOhne ISAAtenolol
Esmolol
Metoprolol
Bisoprolol
Nebivolol
Kombinierte Apha-/Betablocker Labetalol
Carvedilol
Kardioselektive Betablocker haben eine mehr als 20fach höhere Affinität für β1-Rezeptoren. Eine Sub-gruppe von Betablockern hat eine intrinsische sympathomimetische Aktivität (ISA): dabei werden kompetitiv β-adrenerge Rezeptoren stimuliert (agonistischer Effekt) und gleichzeitig die Effekte von Katecholaminen gehemmt (antagonistischer Effekt). Generell kann gesagt werden, dass beim Einsatz von Betablockern bei Asthmapatienten kardioselektive Betablocker ohne ISA bevorzugt werden sollten.

Betablocker und Asthma: Geschichte und Pathophysiologie

Die erste Assoziation zwischen dem Einsatz von beta blockierenden Substanzen und einer Verschlechte rung der Lungenfunktion wurde 1964 im «Lancet» publiziert: 4 von 10 Patienten entwickelten nach intra venöser Gabe eines nicht-kardioselektiven Betablo ckers (Propranolol) einen plötzlichen und tiefen Abfall der Einsekundenkapazität (FEV1) [13]. Die Autoren folgerten daraus, dass die Gabe von Betablockern bei Asthmatikern mit Vorsicht erfolgen sollte. Diese Kon klusion gilt noch heute.
Eine andere historische Arbeit untersuchte den Effekt verschiedener Betablocker auf die bronchiale Antwort und fand eine breite Varianz der Lungenfunktion auch bei Betablockern mit β1-Selektivität. Die Autoren schlossen daraus, dass Kardioselektivität eine relative Qualität sei und keineswegs Sicherheit im Einsatz bei Asthmapatienten impliziere [14]. Auch diese Bemer kung gilt – mit Einschränkungen – noch heute: Das höchste Risiko für eine akute bronchiale Obstruktion besteht unabhängig vom Betablocker-Typ nach der Erst- bzw. Einmalgabe eines Betablockers und scheint sich im Verlauf zu reduzieren.
Die Mechanismen der Betablocker-induzierten Bron chokonstriktion sind kompliziert und nicht vollends geklärt. Normalerweise wird der Tonus der Bronchial muskulatur über das Zusammenspiel von sympatho mimetischen und parasympathomimetischen Fakto ren reguliert, die entsprechenden Abläufe sind vereinfacht in Abbildung 1 dargestellt (detailliert in [15]). Der am stärksten bronchokonstriktiv wirkende Faktor ist die Ausschüttung von Acetylcholin am prä synpatischen Ende eines cholinergen Neurons. Dieses bindet auf der postsynaptischen Seite an den muska rinergen M3-Rezeptor, den Haupteffektor der bronchi alen Konstriktion. Über einen negativen Rückkoppe lungsmechanismus aktiviert Acetylcholin den präsynaptischen M2-Rezeptor und die weitere Aus schüttung von Acetylcholin wird vermindert. Ebenso bewirkt eine sympathomimetische Aktvierung von β2-Rezeptoren auf der präsynaptischen Seite eine Hemmung der Acetylcholin-Ausschüttung. Auf der postsynaptischen Seite wirkt der β2-Rezeptor direkt re laxierend. Anders als auf der präsynpatischen Seite, wo β2- und M2-Rezeptoren synergistisch wirken, hemmt auf der postsynaptischen Seite der M2-Rezeptor den Effekt des β2-Rezeptors. Damit wird der M3-vermittelte bronchokonstriktive Effekt verstärkt. Eine akute Beta blockade blockiert die präsynpatische Interaktion von β2-M2-Rezeptoren, so dass die Acetylcholinausschüt tung anhält. Auf der postsynaptischen Seite entfällt durch die Betablockade die β2-vermittelte Broncho dilatation. Es kommt damit zu einer ungehemmten Bronchokonstriktion. Interessanterweise kann der bronchokonstriktive Effekt der Betablockade durch eine vorgängige Inhalation von Anticholinergika (Typ Tiotropium) verhindert werden [16]. Im Rahmen der chronischen Betablockade kommt es zu einer Aufregu lation von β2-Rezeptoren auf beiden Seiten dieser End organsynapse. Der β2-vermittelte Feedbackmechanis mus auf der präsynaptischen Seite wird damit wieder hergestellt, die Atemwegsreaktivität wird reduziert. Ob die β2-Aufregulation auf der postsynaptischen Seite genügt, um den bronchokonstriktiven Effekt von M3-Rezeptoren abzumindern, ist unklar. Vermutlich bleibt auch bei der chronischen Betablockade ein er höhter Tonus der Bronchialmuskulatur bestehen.
Eine kleinere Studie hat zudem den Effekt von thoraka len Sympathektomien – durchgeführt bei Patienten mit primärer Hyperhidrose – auf Lungenfunktion und bronchialen Muskeltonus untersucht. Spirometrisch zeigte sich eine milde, aber dauerhafte Abnahme der Einsekundenkapazität, wobei sämtliche Patienten (da runter zwei mit Asthma bronchiale) asymptomatisch blieben. Diese Arbeit bestätigte eine direkte sympatho mimetische Regulation des bronchialen Muskeltonus, allerdings scheinen diese Effekte gegenüber dem Ein fluss des parasympathischen Nervensystems von kli nisch untergeordneter Bedeutung zu sein [17].
Viele Übersichtsarbeiten und klinische Richtlinien haben den Einsatz von Betablockern bei Patienten mit Asthma bronchiale aufgrund möglicher respiratori scher Nebeneffekte und der Resistenz gegenüber inha lativen Agonisten (Betamimetika) als Kontraindika tion aufgeführt. Auch die GINA-Richtlinien (Global Initiative for Asthma) halten sich mit insgesamt drei Empfehlungen (Evidenz-Grad D) eher zurück. Immer hin wird attestiert, dass Betablocker bei Patienten mit «akutem koronarem Ereignis» nicht als absolute Kont raindikation gelten und dass ein Einsatz in diesem Pa tientenkollektiv individualisiert unter entsprechender Risiko/Nutzen-Abwägung erfolgen soll [18].
Bei neu aufgetretenen respiratorischen Symptomen nach Beginn einer Betablocker-Therapie sollte man an ein bisher nicht diagnostiziertes Asthma bronchiale denken.
Umgekehrt ist natürlich klar, dass neu aufgetretene respiratorische Symptome (Husten, Kurzatmigkeit, Wheezing) nach Beginn einer Betablocker-Therapie an ein bisher nicht diagnostiziertes Asthma bronchiale denken lassen sollten. Bereits der Einsatz von topischen, nichtselektiven Betablockern hat bei Patienten mit Asthma zu Exazerbationen und Todesfällen geführt [19,20]. Pharmakokinetische Studien haben zudem gezeigt, dass die Plasmaspiegel und die Herzfrequenz nach topischer und intravenöser Gabe von Timolol keinen wesentlichen Unterschied zeigten [21]. Umgekehrt hat die Betablocker-Therapie bei der chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) einen fixen Stellenwert und hat das Auftreten von Exazerbationen und die Mortalität dieser Patienten vermindert [22,23]. Im Unterschied dazu ist die Betablocker-Therapie beim Asthma epidemiologisch bisher nicht gut untersucht.
Abbildung 1. Vereinfachte Darstellung der physiologischen Mechanismen der Bronchokonstriktion. Der Tonus der glatten Muskelzellen im Bronchialbaum wird durch die Balance aus sympathomimetischen und parasympathomimetischen Faktoren definiert. Acetylcholin (Ach) ist der wichtigste bron-cho-konstriktive Mediator, der über den muskarinergen M3-Rezeptor auf der postsynaptischen Seite der Endorgan-synapse wirkt. Der β2-Rezeptor ist der wichtigste Broncho-dilatator. Auf der präsynaptischen Seite interagieren β2- und M2-Rezeptoren gleichförmig in der Hemmung der Ach-Aus- schüttung (gestrichelte Linie), auf der postsynaptischen Seite kommt es durch den M2-Rezeptor zu einer Inhibition des β2-Rezeptors. Die Bronchialmuskulatur hat keine direkte In-nervation durch sympathetische Nerven. Details siehe Text.
Abbildung 1. Vereinfachte Darstellung der physiologischen Mechanismen der Bronchokonstriktion. Der Tonus der glatten Muskelzellen im Bronchialbaum wird durch die Balance aus sympathomimetischen und parasympathomimetischen Faktoren definiert. Acetylcholin (Ach) ist der wichtigste bron-cho-konstriktive Mediator, der über den muskarinergen M3-Rezeptor auf der postsynaptischen Seite der Endorgan-synapse wirkt. Der β2-Rezeptor ist der wichtigste Broncho-dilatator. Auf der präsynaptischen Seite interagieren β2- und M2-Rezeptoren gleichförmig in der Hemmung der Ach-Aus- schüttung (gestrichelte Linie), auf der postsynaptischen Seite kommt es durch den M2-Rezeptor zu einer Inhibition des β2-Rezeptors. Die Bronchialmuskulatur hat keine direkte In-nervation durch sympathetische Nerven. Details siehe Text.
Cardiovascmed 19 00256 g001

Epidemiologie

Epidemiologische Untersuchungen aus Schottland haben gezeigt, dass bei mehr als 2% der Asthmapatienten pro Jahr eine Betablocker-Therapie verschrieben wird [24]. Bei einer geschätzten Asthmaprävalenz von 5–10% wären das auf die Schweiz übertragen jährlich rund 10–20 000 Patienten. Dies ist – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Betablocker bei Asthmapatienten gemäss den meisten Empfehlungen kontraindiziert sind – eine beachtliche Anzahl von Patienten, die einem potentiellen Risiko ausgesetzt werden. Es lohnt sich also, die Datenlage hinsichtlich der Sicherheit dieser Therapie in diesem Patientenkollektiv etwas genauer anzusehen. Die gleiche Studie zeigte zudem, dass kardioselektive Betablocker vor allem bei älteren Patienten mit kardialen Begleiterkrankungen zum Einsatz kommen. Jüngeren und insbesondere weiblichen Patientinnen wird häufig (in mehr als 75%) ein nichtselektiver Betablocker verschrieben. Ob dies mit der Häufung anderer Entitäten bei jungen Frauen zusammenhängt (z.B. Hyperthyreose und Migräne), ist unklar.

Unerwünschte Wirkungen und Sicherheit von Betablockern bei Asthma

Mehrere systematische Übersichtsartikel und Metaanalysen haben den Effekt von kardioselektiven und nichtselektiven Betablockern bei Asthmatikern auf Lungenfunktion, Symptome und funktionelle Antwort auf inhalative Agonisten untersucht [25,26,27]. Die Arbeit von Salpeter et al. schloss 29 randomisierte, plazebokontrollierte Studien ein, die zwischen 1966 und 2001 publiziert wurden und sich auf kardioselektive Betablocker beschränkten [25]: 19 Arbeiten untersuchten die Effekte nach Einzelgaben, 10 Studien die Effekte nach 3 Tagen bis 4 Wochen. Bei den Einzelgaben zeigte sich eine mittlere Abnahme der FEV1 von 7%, eine Zunahme der Symptome wurde nicht beobachtet. Bei wiederholten Gaben über den genannten Zeitraum kam es zu keiner signifikanten Abnahme der FEV1 (0,42%) oder Änderungen im Gebrauch von betamimetischen Inhalativa, auch respiratorische Symptome traten nicht relevant häufiger auf. Bei den chronischen Betablocker-Applikationen zeigte sich aber eine mittlere Zunahme der FEV1 von 10% auf die Gabe von inhalativen Betamimetika – die therapeutische Antwort auf diese Inhalativa war also nach längerer Betablocker Therapie relevant verbessert. Die Autoren schlos sen daraus, dass das Risiko für unerwünschte respira torische Wirkungen gering ist und kardioselektive Betablocker bei entsprechender Indikation den Patien ten nicht vorenthalten werden sollten. Zum gleichen Schluss kam eine Cochrane Analyse, die von densel ben Autoren publiziert wurde [26].
Eine weitere systematische Übersichtsarbeit unter suchte anhand von 32 Studien mit insgesamt mehr als 1300 Patienten die akuten Effekte von selektiven und nichtselektiven Betablockern bei Asthmatikern [27]. Bei den nichtselektiven Betablockern kam es dabei im Mittel zu einer Abnahme der Einsekundenkapazität von 10% und einer von 13 Patienten entwickelte Symp tome. Bei den kardioselektiven Betablockern zeigte sich wie in der Metaanalyse von Salpeter eine Ab nahme von 7%. Allerdings kam es bei einem von 8 Pati enten zu einer relevanten Abnahme von >20%. Einer von 33 Patienten zeigte respiratorische Symptome. Die Autoren schlossen, dass selbst kardioselektive Betablo cker nur mit Vorsicht eingesetzt werden sollten, insbe sondere bei Patienten mit schwerer Obstruktion oder wenn bereits bei Beginn («Baseline») die Lun genfunktion deutlich eingeschränkt ist.
Eine kleine, randomisierte, plazebokontrollierte Studie mit «cross over» Design untersuchte den Ef fekt eines nichtselektiven Betablockers (Propranolol) bei Asthmatikern [28]. Alle Patienten waren bei Studienbeginn lungenfunktionell stabil und unter Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden. Die Patien ten wurden in einem Zeitrahmen von 4–6 Wochen auf eine Propranolol Dosis von 80 mg auftitriert. Während dieser Phase wurde eine zusätzliche Therapie mit ei nem inhalativen Anticholinergikum (Tiotropium) durchgeführt. Nach insgesamt 10–12 Wochen wurden die Studienarme gekreuzt. Primärer Endpunkt war die Atemwegsreagibilität im Metacholintest, sekundäre Endpunkte beinhalteten Lungenfunktion und Symp tome. Die Unterschiede im Bronchoprovokationstest und in der Einsekundenkapazität zwischen Betablocker und plazebobehandelten Patienten waren nicht signifikant, eine leichte Abnahme zeigte sich in der un mittelbaren lungenfunktionellen Antwort auf das be tamimetische Inhalativum Albuterol. Eine Zunahme von respiratorischen Symptomen wurde aber nicht be obachtet, die chronische Betablocker Therapie ging mit einer klinisch nicht relevanten Abnahme der FEV1 (2,4%) einher. Bei stabilen, bereits mit inhalativen Steroiden behandelten Patienten und entsprechender In dikation kann deshalb vermutlich eine vorsichtig auf titrierte nichtselektive Betablockade etabliert werden. Die bereits oben erwähnte Populationsstudie von Morales et al. [24] untersuchte zudem auch den Einsatz von systemischen Steroiden («rescue steroids») in der Zeitspanne vor und nach Neuinstallation einer Beta blockade – berücksichtigt wurden dabei Betablocker naive Patienten, bei denen vor und nach Verschrei bung eines Betablockers Verlaufskontrollen von mehreren Wochen dokumentiert waren. Die Inzidenz der Patienten, die aufgrund einer respiratorischen Ver schlechterung mit oralen Steroiden behandelt werden mussten, war dabei sehr tief (0,8% in den ersten 2 Wo chen nach Beginn eines Betablockers) und unterschied sich in den Wochen vor und nach neubegonnener Beta blocker Therapie nicht wesentlich.

Betablocker zur Asthma-Therapie?

Betablocker sind aber nicht nur hinsichtlich ihrer Sicherheit bei Asthma Patienten untersucht worden: einige Autoren haben postuliert, dass Betablocker pa radoxerweise sogar einen therapeutischen Ansatz in der Behandlung von Patienten mit Asthma bieten kön nen [15,29].
Könnten Betablocker paradoxerweise sogar einen therapeutischen Ansatz in der Behand- lung von Patienten mit Asthma bieten?
Zwei experimentelle Studien verdienen diesbezüglich besondere Erwähnung [30, 31]: In einem Asthma Maus modell konnte gezeigt werden, dass der Einsatz eines nichtselektiven Betablockers (Nadolol) bzw. eines kom binierten Alpha und Betablockers (Carvedilol) nach ei nem Zeitraum von 28 Tagen den maximalen Atem wegswiderstand (Peak RAW, Peak Airway Resistance) um beinahe die Hälfte reduzieren konnte. Im Lungen gewebe dieser Mäuse wurde gleichzeitig eine 8–10fa che Aufregulation der Betarezeptoren beobachtet [30]. Während eine akute Betablockade also mit einer Erhö hung der Atemwegswiderstände und der bronchialen Antwort auf bronchokonstriktive Trigger einhergeht, scheint eine chronische Applikation von Betablockern die bronchiale Hyperreagibilität – und damit potenti ell die Asthmaaktivität – über eine Aufregulation von Betarezeptoren zu vermindern.
Eine zweite Studie untersuchte am gleichen experi mentellen Modell die Eosinophilenzahl in der bron choalveolären Lavage und das Ausmass der endobron chialen Schleimakkumulation unter Therapie mit Steroiden und Nadolol [31]. Diese Endpunkte wurden durch beide Therapien reduziert: die Eosinophilenzahl stärker durch Steroide, das Schleimvolumen stärker durch den Betablocker. Die Kombination der Therapien war in beiden Fällen effektiver als der isolierte Einsatz dieser Medikamente. Die maximalen Effekte wurden jeweils nach 28 Tagen beobachtet. Diese Daten suggerieren einen steroidsparenden Effekt der Beta blocker Therapie und sind – auch wenn sie natürlich im klinischen Setting bestätigt werden müssen – dies bezüglich vielversprechend.
Das Wichtigste in Kürze
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Die Mechanismen der Betablocker-induzierten Bronchokonstriktion sind nicht vollends klar.
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Der präventive Einsatz von inhalativen Anticho- linergika (Typ Tiotropium) kann den bronchokon- striktiven Effekt von Betablockern reduzieren.
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Unerwünschte respiratorische Wirkungen von Betablockern sind bei Patienten mit gut kontrolliertem Asthma bronchiale selten.
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Bei entsprechender Indikation sollte auch Patienten mit Asthma bronchiale eine Betablocker-Therapie nicht vorenthalten werden.
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Wenn immer möglich sollten kardioselektive Betablocker eingesetzt werden. Wenn ein nichtselektiver Betablocker eingesetzt werden muss, sollte während der Titrationsphase zusätzlich eine Inhalation mit Anticholinergika erfolgen.
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Das Risiko für respiratorische Nebenwirkungen besteht unabhängig von der Klasse des Betablockers – es ist bei der Erstgabe am höchsten und reduziert sich im Verlauf.
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Von experimentellen Studien wird suggeriert, dass Patienten mit Asthma bronchiale von der chronischen Gabe eines Betablockers sogar profitieren können. Dies muss durch klinische Studien bestätigt werden.

Funding/Potential Competing Interests

No financial support and no other potential conflict of interest relevant to this article was reported.

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MDPI and ACS Style

Hubera, L.C.; Arrigo, M. Betablocker und Asthma bronchiale: Ja Oder Nein? Cardiovasc. Med. 2016, 19, 256. https://doi.org/10.4414/cvm.2016.00438

AMA Style

Hubera LC, Arrigo M. Betablocker und Asthma bronchiale: Ja Oder Nein? Cardiovascular Medicine. 2016; 19(10):256. https://doi.org/10.4414/cvm.2016.00438

Chicago/Turabian Style

Hubera, Lars C., and Mattia Arrigo. 2016. "Betablocker und Asthma bronchiale: Ja Oder Nein?" Cardiovascular Medicine 19, no. 10: 256. https://doi.org/10.4414/cvm.2016.00438

APA Style

Hubera, L. C., & Arrigo, M. (2016). Betablocker und Asthma bronchiale: Ja Oder Nein? Cardiovascular Medicine, 19(10), 256. https://doi.org/10.4414/cvm.2016.00438

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