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Der Arzt—Ein Auslaufmodell? †

by
Thomas F. Lüscher
Klinik für Kardiologie, HerzKreislaufZentrum, Kardiovaskuläre Forschung, Institut für Physiologie, Universität Zürich-Irchel, Rämistrasse 100, CH-8091 Zürich, Switzerland
Lüscher TF. Der Arzt – ein Auslaufmodell? Cardiovascular Medicine. 2010;13(6):185–9.
Cardiovasc. Med. 2010, 13(11), 354; https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01537
Submission received: 10 August 2010 / Revised: 10 September 2010 / Accepted: 10 October 2010 / Published: 10 November 2010
Sie sprechen mir quasi aus dem Herzen. Leider ist die Situation und Entwicklung aber nicht nur in der Medizin zu beobachten. Zunehmend schränken mehrheitlich sinnlose Verordnungen und Gesetze unser Leben im Allgemeinen ein, und was eigentlich ursprünglich der Menschheit dienen sollte, wendet sich zunehmend gegen «den gesunden Menschenverstand» und gegen den Menschen. Ist es ein Zeichen einer niedergehenden Kultur, welche sich selbst verloren hat?
Leider vermisse ich im Abschnitt «was zu tun wäre» die notwendigen deutlichen Worte.
Wo ist der Verband, die Partei oder Gruppierung, welche den Mut hat, nein zu sagen. Nein zu immer weiteren Verordnungen und Gesetzen. Welche den Mut hat, die unselige Entwicklung nicht nur zu stoppen (was vielleicht noch möglich wäre), sondern die Gesetzesflut abzubauen (was vermutlich schon eher realitätsfremd ist)?
  • Urs Rebmann, Hünenberg-See

Replik

Recht herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 10. August 2010. Es freut mich ausserordentlich, dass ich etwas ansprechen konnte, was Sie und viele Kollegen, welche mir ebenfalls Mails zukommen liessen, beschäftigt und auch bedrückt. Es ist richtig, dass sich diese zunehmende Regulierung von allem und jedem nicht nur in der Medizin beobachten lässt, vielmehr scheint sich unsere Zeit durch eine zunehmende Regulierung in allen Lebensbereichen auszuzeichnen. Das stimmt natürlich nachdenklich, und sicher können wir uns gegen diese kulturelle Entwicklung, welche zu einem guten Teil auch aus Amerika kommt, nicht in dem Mass wehren, wie wir es gerne täten. Kulturelle Entwicklungen laufen in der Regel von sich aus ab, allerdings zeigt die Geschichte, dass es immer wieder auch Gegenbewegungen gab, welche von beherzten Personen und einflussreichen Gruppen ausgingen und auch weiter ausgehen. Die Ärzte gehören bestimmt dazu, und ich denke nicht, dass wir deshalb die Hände in den Schoss legen sollten.
Es wäre sicher wichtig, dass sich die FMH, unsere geschätzte Schweizerische Ärztevereinigung, mehr in dieser Sache engagieren würde. Die Zermürbung der Grundversorger, aber zunehmend auch der Spitalärzte und der Universitätsprofessoren ist ein zentrales Thema für unseren Verband. Man kann nicht einerseits nach Hausärzten schreien und gleichzeitig ihre Arbeits- und Lebensbedingungen derart erschweren, dass ihnen die Freude vergeht. Was die Hausärzte als Erstes und am deutlichsten spüren, hat sich inzwischen auch in den Spitälern eingestellt. Wichtig scheint mir ebenfalls, dass wir die Diskussion von den Kosten auf den Nutzen unserer Tätigkeit verschieben. Das kostengünstigste Gesundheitssystem ist dasjenige, welches sich auf den Nutzen konzentriert und nicht nur Kosten zu senken im Sinn hat. In der Tat ist es ja so, dass kurzfristige Kostensenkungen meistens mit zusätzlichen Kosten über die folgenden Jahre verbunden sind. Beispielsweise habe ich kürzlich eine Diabetikerin im Notfall mit einem Verschluss des Ramus interventricularis anterior und Herzinfarkt gesehen und dabei festgestellt, dass sie nur Insulin und einen Blutdrucksenker, aber weder einen Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten noch einen ACE-Hemmer und schon gar nicht Aspirin oder ein Statin verordnet erhalten hatte. Die Patientin war nicht in der Betreuung eines schlechten Hausarztes, ich kann mir aber vielmehr durchaus vorstellen, dass der von den Krankenkassen ausgehende Druck, möglichst wenig Medikamente zu verschreiben und damit der billigste und damit scheinbar gute Arzt zu sein, zu solchen Fehlentwicklungen führt. Ich habe bereits einmal darüber geschrieben [1] und mich dafür eingesetzt, dass wir uns dagegen wehren, dass Krankenkassen Ärzte nur aufgrund der verschriebenen Medikamente beurteilen und nicht aufgrund ihrer qualitativen Leistungen. Dazu müssen wir aber auch selbst Anstrengungen unternehmen und unsere Qualität dokumentieren und nachweisen. Was wir bräuchten—ähnlich wie im englischen Gesundheitssystem nun eingeführt –, wären «Incentives» für richtige therapeutische Entscheidungen, d.h. eine Prämie für die optimale Einstellung des Blutdrucks, für die Verschreibung von ACE-Hemmern und Betablockern bei Herzinsuffizienz u.a.m.
Wir müssten gemeinsam in diese Richtung gehen, denn die Ärzte sind letztlich eine nicht zu vernachlässigende gesellschaftliche Gruppe. Wie Georg Herwegh vor 150 Jahren gedichtet hat: «Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will».
  • Thomas F. Lüscher, Zürich

References

  1. Lüscher, TF. Krankenversicherungsgesetz, die Versicherungen und die ärztliche Ethik—jenseits evidenzbasierter Medizin? Cardiovascular Medicine 2008, 11, 183–186. [Google Scholar]

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MDPI and ACS Style

Lüscher, T.F. Der Arzt—Ein Auslaufmodell? Cardiovasc. Med. 2010, 13, 354. https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01537

AMA Style

Lüscher TF. Der Arzt—Ein Auslaufmodell? Cardiovascular Medicine. 2010; 13(11):354. https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01537

Chicago/Turabian Style

Lüscher, Thomas F. 2010. "Der Arzt—Ein Auslaufmodell?" Cardiovascular Medicine 13, no. 11: 354. https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01537

APA Style

Lüscher, T. F. (2010). Der Arzt—Ein Auslaufmodell? Cardiovascular Medicine, 13(11), 354. https://doi.org/10.4414/cvm.2010.01537

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