Nature as a Huge Organism: Gottfried Reinhold Treviranus (1776–1837) and Early Ecology in German Romantic Science
Abstract
:1. Introduction: Today’s Reception of Gottfried Reinhold Treviranus
2. Gottfried Reinhold Treviranus and the Historical Background
3. Preceding Concepts? The Aristotelian Scala Naturae and the Great Chain of Being
4. The Huge Organism and the Disappearance of God
5. Souls, Life and the Vital Principle
6. Conclusions
Funding
Institutional Review Board Statement
Informed Consent Statement
Data Availability Statement
Conflicts of Interest
1 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 107). „Wir betrachten hierauf die Organisation der lebenden Natur, oder die Verhältnisse, worin die lebende Natur, als ein einziger grosser Organismus.“ (All translations in the following: S.R.). |
2 | For example: (Junker 2004, p. 8). On the discussions about the term ‘biology’, in combination with ‘life force’: (Höxtermann and Hilger 2007, p. 100ff). |
3 | For example, in a basic introduction to biology: (Jahn et al. 1982, p. 311). |
4 | “The first naturalist in the German-speaking world to sketch the outline of a theory concerned with the historical transformation of living forms”. (Gambarotto 2014, p. 137). |
5 | (Weber 1837, p. 4). “In der That welcher Physiologe mögte in höherem und würdigerem Sinne, als Treviranus, ein Philosoph der Natur, ja ein Seher und Mystagog ihrer Geheimnisse, genannt zu werden verdienen? Daß über diese Todesbotschaft die wissenschaftlichen Forscher von ganz Europa sich bestürzt fühlen werden. Denn Gottfried Reinhold Treviranus war ein Mann, dessen umfangreiches, tiefes Wissen das einer ganzen Facultät, dessen Leistungen die einer ganzen Academie allein aufwogen.”. |
6 | For biographical details see: (Pagel 1894, p. 588). |
7 | For detailed information on both brothers and their work, see: (Hermes 2011). |
8 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. v). “Zwar gab es immer schon Männer, und Linné selbst gehörte zu diesen, welche einsahen, dass alle jene künstlichen Systeme, ohne Beziehung auf höhere Zwecke, nur schwerer Tand seyen. Allein sie erhoben sich nicht zu dem höchsten dieser Zwecke, und darum blieb alles, was sie in Beziehung auf diesen lieferten, blosses Stückwerk. Das letzte Ziel aller Naturforschung aber ist die Erforschung der Triebfedern, wodurch jener grosse Organismus, den wir Natur nennen, in ewiger Thätigkeit erhalten wird […]. Wir haben erst ein blosses Register, noch keine Wissenschaft der Natur, so lange wir ewig an diesen Systemen kleben, und nicht auf die Erreichung jenes Ziels ausgehen.”. |
9 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 4). “Unsere Absicht ist, einen neuen Versuch zu wagen […]. Die Gegenstände unserer Nachforschungen werden die verschiedenen Formen und Erscheinungen des Lebens seyn […]. Die Wissenschaft, die sich mit diesen Gegenständen beschäftigt, werden wir mit dem Namen der Biologie oder Lebenslehre bezeichnen.”. |
10 | Ibid., p 16. “Wir nennen ein Thier, eine Pflanze lebend, so lange wir noch Spuhren von Wachsthum und Bewegung, also von Thätigkeit, bey ihnen antreffen. Allein zugleich denken wir uns diese Thätigkeit als etwas in dem Körper, dem wir Leben zuschreiben, von Innen, nicht von Aussen hervorgebrachtes.”. |
11 | (Treviranus 1802, vol. 1, pp. 16, 17). “Das Meer, das vom Sturme bewegt wird, ist auch in Thätigkeit. Dennoch schreiben wir ihm kein Leben zu: Warum? Weil ihm jene Bewegung durch äussere Kräfte mitgeheilt ist. Jede Bewegung nun, welche von äussern Kräften herrührt, welche mitgetheilt ist, nennen wir eine mechanische, und diejenigen Bewegungen, wodurch sich das Leben äussert, unterscheiden sich von den mechanischen, folglich dadurch, dass sie nicht durch äussere, sondern durch innere Ursachen hervorgebracht werden.”. |
12 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 17). “Wäre der lebende Körper ein ganz isolirtes Wesen, das jeden Grund seiner Bewegungen nur in sich selbst enthielte, so wäre die Gränze zwischen diesem und den mechanischen Bewegungen freylich leicht zu ziehen. Aber alle Aeusserungen seiner Thätigkeit sind Produkte einer Wechselwirkung zwischen ihm und der Aussenwelt.”. |
13 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 3). “Wir finden die sichtbare Natur in zwey grosse Reiche geschieden, in die leblose und in die lebende.” |
14 | On Europe-wide physico-theology as a combination of natural science and theology, see: (Blair and Von Greyerz 2020). |
15 | (Bonnet 1774, p. 371). “Die Natur geht durch unmerkliche Abfälle vom Menschen zum Polypen, von diesem zur empfindlichen Pflanze, von dieser zum Trüffel herab. Die höhern Arten hängen jederzeit durch irgendeinen Charakter mit den niedrigern, und diese mit den noch niedrigern, zusammen.” |
16 | This is based on the edition of 1784: (Sander 1784). |
17 | (Sander 1784, pp. 25, 26). “Die Schöpfung ist ein einziges Ganzes. Alles ist nach einem Riß angelegt, alles hat Symmetrie, Proportion, Maas, Zahl, und Gewicht, es ist nichts da, das nicht in den allgemeinen Plan der Gottheit passen solte. […] Vermittelst dieser tausendfachen Verkettungen und Verknüpfungen regiert Gott die Welt.”. |
18 | (Sander 1784, pp. 69, 71). “Das gröste Gesez der Schönheit ist die Einheit, und diese ist in der Natur. Millionen Geschöpfe verflechten ihre Würckungen so untereinander, daß ein einziger grosser Zweck, die Glückseeligkeit des Ganzen, erhalten wird. In der Natur ist nirgends ein Widerspruch, kann nicht sein. […] Die ganze Erde beweist es, daß ein höchstes, allmächtiges, weises, und gütiges Wesen die lange Kette des menschlichen Lebens in Händen hat. Je mehr man die Natur kennen lernt, je mehr man den Zusammenhang aller Geschöpfe untereinander einsieht, desto mehr gewinnt der Gedanke, daß Gott Vater und Wohltäter der Welt sei.”. |
19 | (Anonymous 1804, p. 39f). “Die Natur geht mit majestätisch langsamen Schritten einher, hebt sich von Stufe zu Stufe, und stellt, unerschöpflich an Abwechslungen, Myriaden von Wesen auf, die, wie die Sprossen einer Leiter, immer in höherer Ordnung übereinander stehen. Der Stein gränzet an die Pflanze, die Pflanze an das Thier, das Thier an den Menschen, der Mensch an die Geisterwelt. Aber welcher Abstand vom Kiesel zur Tanne, von der Tanne zur Auster, von der Auster zum Hottentotten, vom Hottentotten zum weisesten Menschen! Gleichwohl ist die Natur das vollkommenste Ganze; sie arbeitet in einem fort; thut nichts durch einen Sprung; lässt nirgends eine Lücke; knüpft Wesen an Wesen, und verbindet sie unvermerkt, schattiert sie so fein, verwischt ihre Gränzlinien so sanft, dass der Forscher noch in dem nemlichen Naturreiche zu wandlen glaubt, wenn er in dem darauffolgenden schon weit fortgerückt ist. Die Natur zwar kennt keine Klasseneintheilung; jedes einzelne Wesen ist ein Ring ihrer unermessliche Kette, so wie es in der Welt nicht zwey Dinge giebt, die einander vollkommen gleich wären: nur der eingeschränkte Menschenverstand hat sich, aus Ermüdung über die unübersehbare Reihe erschaffener Wesen, gewisse Ruhepunkte ausgesteckt.”. |
20 | These schemes became more and more confusing, Annette Diekmann has written on this: (Diekmann 1992). |
21 | (Treviranus 1802, vol. 1, pp. 446–75). Section Six: “Gradationen der lebenden Natur”. |
22 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 447). “Die ganze lebende Natur lässt sich in Ansehung der Mischung ihrer Organisation unter zwey grosse Abtheilungen bringen: in der einen hat der Stickstoff, in der anderen der Kohlenstoff das Übergewicht. Jene begreift die Thiere und Thierpflanzen, diese die Pflanzenthiere und Pflanzen. Die erstern nähern sich insgesammt der animalischen, die letztern der vegetabilischen Organisation.” |
23 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 447). “Es giebt für jede dieser beyden Abtheilungen ein Maximum und ein Minimum in der gesammten Organisation […] Das Maximum der thierischen Organisation finden wir bey den Säugethieren, und vorzüglich bey dem Menschen, das Minimum bey den Infusionsthieren. Das Maximum der pflanzenartigen Bildung ist den Dictyledonen mit einer vielblättrigen Blumenkrone (Blütenpflanzen A.d.V.), das Minimum mehrern Geschlechtern aus den Familien der Schwämme, Conferven, Tange und Flechten eigen. Es gibt eine ununterbrochene Gradation von jedem Maximum der lebenden Natur zu jeder ihrer einfachsten Gestalten.” |
24 | (Treviranus 1802, vol. 1, pp. 474, 475). “Die Natur, sagte Leibnitz, bildet ein Ganzes, dessen Theile in so enger Verbindung stehen, dass es den Sinnen und selbst der Einbildungskraft unmöglich ist, den Punkt anzugeben, wo der eine aufhört und der andere anfängt. Dieser Ausspruch bleibt wahr und gewiss! Aber wenn eben dieser Weltweise jenes Ganze eine e i n f a c h e Kette nannte, so darf diese Vergleichung nicht wiederholt werden. Nicht eine einzige, sondern Tausende und noch viele Tausende von Ketten, die mit unendlicher Kunst zu dem engsten Knoten verschlungen sind, machen das Ganze der Natur aus.” |
25 | (Treviranus 1802, vol. 1, pp. 156, 157). “Auf wessen Seite liegt aber nun die Wahrheit, auf der unserigen, die wir, an die Unterscheidung einer leblosen und lebenden Natur von Jugend auf gewöhnt […] oder auf Seiten dessen, der […] in jenen Phänomenen noch einen schwachen Widerschein des Lebens findet? Wer unbefangen diese Frage erwägt, wird sich schwerlich zum Schiedsrichter aufwerfen, er wird eingestehen, dass wir noch nicht im Stande sind, eine Gränze zwischen der lebenden und leblosen Natur festzusetzen.”. |
26 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 453f). “Ferner bestätigt sich diese Gradation bey dem Gehirne. Schon bey den Säugethieren vermisst man viele Eigenthümlichkeiten des menschlichen Gehirns. […] Bey den Vögeln verschwinden die Windungen des Gehirns gänzlich. […] Noch einfacher ist das Gehirn der Amphibien und Fische.” |
27 | (Treviranus 1822, vol. 1, p. 16). “über den taub und blind gebornen David Tate, einen fünf und zwanzigjährigen, zu Fetlar, einer der Shetländischen Inseln, lebenden jungen Menschen, der auf einer so niedrigen Stufe des menschlichen Daseyns stand, dass er selbst die aufrechte Stellung nicht anders als gezwungen annahm, und dessen ganze Gemeinschaft mit der äussern Welt nur durch den Tastsinn vermittelt wurde.” |
28 | Andrea Gambarotto refers both to Treviranus’ critique of a Schellingian ‘world soul’ and to the adoption of an organizistic conception of nature. (Gambarotto 2018, p. 96). |
29 | (Treviranus 1802, vol. 1, pp. 36, 37). “Dass das ganze Weltall nur ein einziges gränzenloses System ausmacht […] Jeder einzelne Organismus ist abhängig vom Universum”. |
30 | (Treviranus 1803, vol. 2, p. 3). “Ist die ganze Sinnenwelt nur ein einziger Organismus, ist das Kleinste in ihr das, was es ist, nur dadurch, dass es mit dem grössten in Wechselwirkung steht, und hat das Grösste sein Daseyn nur durch das Kleinste, so ist es ein eitles Beginnen, auch nur über ein Atom etwas bestimmen zu wollen, ohne auf das Universum Rücksicht zu nehmen.”. |
31 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 68). “…dass das ganze Reich der lebenden Organismen ein Glied des allgemeinen Organismus ausmacht, und dass jedes lebende Individuum zur Erhaltung dieses Gliedes das Seinige beitragen muss.”. |
32 | (Sander 1784, p. 71). “Keine Falte der Welt darf anders sein, kein Wesen darf fehlen, keine Kraft darf ihre Ordnung überschreiten. […] Das Gras, jede Kornbluhme steht mit der ganzen Atmosphäre, ja mit dem ganzen Sonnensysteme in genauer Verknüpfung.”. |
33 | (Ibid., p. 50f). “Von der Milchstrasse am Himmel herab bis zu den Mücken; die um den Teich tanzen, ist nichts klein, nichts geringfügig. Für die Gottheit ist nichts gering, nichts verächtlich. […] Wir sind so stolz, daß wir uns beinahe immer, als den Mittelpunkt der Schöpfung, als die Sonne, um die sich alles herumdrehen soll, ansehen. Aber was sind wir mehr, als eine Einheit im Verzeichnis aller Geschöpfe Gottes? Ist es nicht ein lächerlicher Wahn zu glauben, daß Gott alles im Himmel, im Ocean, und auf der Erde bloß um unsertwillen gemacht habe? […] Armer Mensch, wer bist Du dann im Staat Gottes? Tausend und wieder tausend Arten von Geschöpfen bevölkern diesen Wohnplatz mit Dir. Du füllst nicht mehr, als eine einzige Stelle aus, die Natur sorgt für die Erhaltung des Wasserkäfers eben so gut, als für dich.”. |
34 | Keith Thomas calls it “the dethronement of man”: (Thomas 1984, p. 165ff). |
35 | (Ibid., p. 69). “Das gröste Gesetz der Schönheit ist die Einheit, und diese ist in der Natur. Millionen Geschöpfe verflechten ihre Würkungen untereinander, daß ein einziger grosser Zweck, die Glückseeligkeit des Ganzen, erhalten wird. In der Natur ist nirgends ein Widerspruch, kan nicht sein. Alles, was ist, und alles, was geschieht, bezieht sich aufs Ganze, aufs Gegenwärtige, und aufs Zukünftige. Prächtiges Schauspiel für einen Erzengel, der davon mehr versteht als wir!”. |
36 | (Treviranus 1805, vol. 3, p. 552f). „Jeder lebende Körper besteht durch das Universum, aber das Universum besteht auch gegenseitig durch ihn. Ein höherer Verstand würde aus der gegebenen Organisation eines einzigen lebenden Individuums die Organisation der ganzen übrigen Welt abzuleiten im Stande sein.”. |
37 | Already as early as the 17th century, the English botanist John Ray contradicted the idea of the automaton body of animals. (Ray 1744, p. 55). Interestingly, even before the middle of the 18th century, Ray adds here that one could assume a kind of ‘plastick principle’, a kind of forming force (“but if it be material and consequently the whole Animal but a mere Machine, or Automaton, as I can hardly admit, then we must have recourse to a Plastick Nature”). |
38 | (Treviranus 1822, vol. 6, book 9, p. 3f). “Es gibt eine doppelte Ansicht der Verbindung des Physischen mit dem Intellektuellen. Entweder geistige und materielle Kräfte sind einander ganz ungleichartig; am Körper des Beseelten ist der Geist als ein fremdartiges Wesen gefesselt. Oder das Geistige und das Körperliche sind nicht nur mit, sondern auch durch einander.“. |
39 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 81). “Aber jene Grundkraft ist für uns, was die Farbe für den Blindgebohrenen, und eine Philosophie, welche diese Aufgabe a priori zu lösen sich unterfängt, ist also nicht mehr Philosophie, sondern Schwärmerei.”. |
40 | (Treviranus 1822, vol. 6, 1822, p. 5). “Der Ursprung allen Lebens liegt in einem Princip, dessen Wesen Selbstthätigkeit ist.”. |
41 | (Treviranus 1822, vol. 6, p. 13f). “Gedächtnis und Erinnerungsvermögen sind überhaupt die am weitesten in der thierischen Natur verbreiteten Seelenkräfte. Selbst die Insekten geben deutliche und zum Theil auffallende Beweise von dem Besitz derselben, wie unter andern die Bienen bey ihrer schon erwähnten Rückkehr im Frühjahr zu den Stellen, wo sie im Herbste gefüttert wurden.”. |
42 | (Treviranus 1822, vol. 6, p. 7f). “Man vergleiche den Affen mit dem Menschen: man lese die Nachrichten zuverlässiger Beobachter von den Geistesfähigkeiten des Orang-Outang: den Abstand zwischen diesem und dem Menschen wird man allerdings gross finden. Aber den Besitz ähnlicher, wenn auch weit mehr beschränkter, geistiger Kräfte, als dem Menschen verliehen sind, wird man dem Affen nicht absprechen können. Das Thier scheint zu suchen und zu meiden, zu begehren und zu verabscheuen, zu lieben und zu hassen, wie der Mensch. […] das Thier erinnert sich auch an Vergangenes, welches ohne Bewusstseyn der Existenz nicht möglich wäre, und handelt da, wo der Instinkt allein dasselbe nicht leiten kann, mit Ueberlegung und Wahl der Mittel, also mit Freyheit.” |
43 | (Treviranus 1802, vol. 1, p. 52). “dass wir den Grund des Lebens in einer Ursache suchen, die man schon in der Kindheit der Biologie mit dem Namen eines Lebensgeistes, oder Archeus ahndete. Zwar verwirft unser jetziges Zeitalter diese Ahndung, nennt sie eine hyperphysische Hypothese, und setzt an die Stelle derselben die blosse Form und Mischung der Materie. Allein jene Grundkraft ist ein hyperphysisches Wesen.” |
44 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 7). “Gehen wir jetzt zur Betrachtung unsers Gegenstandes selber über, so liegt uns zuerst die Beantwortung der Frage ob: Was eigentlich Leben ist? Wer dieses Wort ausspricht, nennet etwas Geheimnisvolles. Die Region des Lebens gränzt an die Übersinnliche Welt.” |
45 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 4f). “Alles Beobachten jener Zweckmässigkeit […] und alles Nachdenken darüber führt endlich zu einem Urgrund, der sich nur ahnen lässt. Daher waren alle, die den Erscheinungen des Lebens mit reinem Herzen nachforschten, Menschen von tiefem religiösem Gefühl. Ich erinnere nur an Swammerdam, Bonnet und Linné. Ihre Frömmigkeit trug freilich das Kleid der Erziehung und ihres Zeitalters. Aber wenn auch Swammerdam faselnd erscheint bei den theologischen Ausführungen, die er von seinen grossen zootomischen Entdeckungen machte […] wenn auch Bonnet und viele andere Naturforscher des vorigen Jahrhunderts ihre eigene Weisheit für die des Schöpfers priesen, so suchten sie doch, obwohl auf Abwegen, das höhere Licht, dessen Abglanz sie erblickt hatten.”. |
46 | Ibid. “Wer dieses Licht in der Natur verkennet, sieht trostlos in ihr nur einen ewigen Kreislauf von Entstehen und Vergehen. Wer träumend oder dichtend Worte sucht, die dem Licht entsprechen sollen, und damit an die Erklärung der Erscheinungen des Lebens geht, findet nicht die Wahrheit, sondern allenthalben nur seine Hirngespinste.”. |
47 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 10). “Kein zweckmässiges Wirken ist ohne ein Analogon der Vernunft denkbar. Zweckmässigkeit ist der eigentliche Charakter des Wirkens der Vernunft […] jede Lebensäusserung muss also Wirkung eines, der Vernunft ähnlichen Princips sein.”. |
48 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 1). “Der Gegenstand, worüber ich die Resultate meiner Forschungen in diesem Werke mittheilen werde, ist die Geschichte des Entstehens, Wirkens und Vergehens der lebenden Wesen und der Verhältnisse, worin sie zu einander und zur übrigen Natur, ihre einzelnen Teilen zu einander und zum Ganzen stehen.”. |
49 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 3). “Man kann sich tiefe mineralogische, chemische und physische Kenntnisse erwerben, ohne über die grossen Fragen zu reflectiren; Was, woher und wozu wir selber sind? Aber man kann nicht einmal über die Entstehung der Aufgussthierchen zur Gewissheit gelangen, ohne auf Fragen zu stossen, die sich an jene knüpfen.”. |
50 | (Treviranus 1831, vol. 1, p. 1). “Sich selber erkennen ist das erste Gesetz für den Weisen. Aber Niemand erkennet sich selber, so wenig dem Geiste als dem Körper nach, der sich nicht mit den ihm verwandten Wesen vergleicht.” |
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Ruppel, S. Nature as a Huge Organism: Gottfried Reinhold Treviranus (1776–1837) and Early Ecology in German Romantic Science. Histories 2023, 3, 112-128. https://doi.org/10.3390/histories3020009
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